Wilmas Dorf-Geschichten erzählen / 85. Erzählabend des HDV Mittel-Gründau Fr. 27.04.

Historisch-Demokratischer Verein (HDV) Mittel-Gründau von 1848 i.d. IAS e.V.

Einladung / Pressemitteilung

zum 85. Erzählabend des Historisch-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848

FREITAG, 27. April um 18.30 Uhr   im Anbau des Volkshauses

Wilma Heils Lachen wird fehlen.  Wer von ihren Geschichten noch welche kennt, wer Bilder von ihr hat, soll sie mitbringen

Dass Wilma, die Tochter des Hofgut-Schmiedes nicht  auf dem Foto zusehen ist, könnte daran liegen, dass sie fotografiert hat. Die Mädels sitzen auf der Sandsteinbrücke zum Kolbenstein, die ein US-Panzer im nächsten Moment -durch die Grazien abgelenkt- so stark gerammt hat, dass sie zusammenbrach. Zwei von den „besetzten“ Sandsteinplatten sind noch erhalten. Und auch die Geschichte, wie Bürgermeister Pfannmüller den Panzer in Hessen suchen sollt, um mit einer Entschädigung den Neubau dieser Brücke zu finanzieren: 

Wilmas Dorf-Geschichten erzählen

 

Mitten im Scherzen

sollst Du eingeschlafen sein

hat uns wer erzählt

mit Meddel-Grenner Platt

auf den Lippen

hast nie ein Blatt

vor den Mund genommen

Zärtlich bis herb

deftig und laut

mit spitzer Zunge ausgeteilt

hast Du und Dir

das Maul, den eigenen Kopp

niemals ver-

und auch sonst nichts bieten lassen

das große Herz am rechten Fleck

den Schalk im Nacken

unter dem immer flammenden Haarschopf

niemals verletzend, aber sau-grob

und ob!

Und wie!

Hasenfüßig

warst Du nie

Und doch

irgendwie

stark und so

zerbrechlich

Wir lieben Dich

mit Deinem weichen Kern

und Deiner schmiedeisernen Schale

 

Du hattest zu allem was zu sagen

Dir hat es selten die Sprache verschlagen

Du hattest immer das letzte Wort

 

Du wolltest so viel

noch erzählen,

berichten,

ach Wilma,

Deine Dorf-Geschichten

So viele sind noch nicht aufgeschrieben

Deine Büttenreden

Werden für jeden

grad für die Alten

Erinnerung bleiben

Damit nicht nur die sie

in Kopf und Herz behalten

werden wir sie sammeln

und auch für die Jungen

versuchen sie aufzuschreiben

Deine Geschichten

weitererzählen

uns bewahren

um Dich

in uns

ganz heiter

weiter so babbeln

und weiter leben zu lassen

auch lang noch nach 800 Jahren

 

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Nach Wilmas Geschichten wird es beim 85. Erzählabend um die Ordnung der Familienverhältnisse gehen von A bis Z, von Achtzehnter bis Ziegenfuss.

 

Sag mir, wo die Grenner sind, wo sind sie geblieben, mit Mann und Maus und Frau und Kind, wie Wolken verweht in Sturm und Wind, verkauft, verjagt, vertrieben.

Viele mussten Mittel-Gründau verlassen, weil die Äcker immer schmaler wurden, die Höfe immer kleiner. Dabei fing es nach dem 30jährigen Krieg doch einigermaßen hoffnungsvoll an. Die Mittel-Gründauer gewannen sogar Prozesse vor dem Reichskammergericht in Wetzlar und in Wien so um die 1765. Der Reichskammergerichtsrat des Kaisers in Wien bat sogar die Mittel-Gründauer Bauern inständig, mit dem Lärmen aufzuhören und Wien wieder in Richtung Heimat zu verlassen. Sie bekämen ja ihr Recht, das heißt, sie durften zu Recht in den von ihnen wieder aufgebauten Höfen wohnen und wirtschaften. So z.B. im Lehr’schen Gut gegenüber der fürstlichen Domänen-Remise bzw. in dem, was nach dem 30jährigen Krieg noch übrig war.

 

Das ganze Dorf Mittel-Gründau arbeitete für den Verfassungschutz

Welche Familien, die 1849 die Resolution für den Erhalt der demokratischen Paulskirchen-Verfassung unterschrieben haben, sind noch in Mittel-Gründau geblieben: die Dauths, die Lotts, die Meiningers, die Weinels, Bollers, Mohns, Achtzehnter, Fass,  …  eine Liste von 80 Familien-Oberhäuptern. Wer sind die Nachfahren der Meiningers 1 bis 8, der Lotts 1 bis 5, der Mohns 1 bis 4 … usw. .

Was ist mit denen passiert, die Mittel-Gründau verlassen mussten: Kaffenberger, Nagel, Birkenstock, die Hechts, die Grünbaums …. 1832, 1849/50/51,  1933 bis 1945, 1945 bis heute aus welchen politischen und wirtschaftlichen Gründen ?

Welche Geschäfte und Betriebe gab es noch vor 30/40/50/60 Jahren, was waren die Gründe für ihr Verschwinden und wohin sind sie verschwunden?

Nächster Erzählabend am Fr. 25. Mai um 18.30 im Volkshaus-Anbau.

Da ab Ende Mai die Halle wegen Umbau gesperrt ist und es keinen neuen Dorftreff gibt, müssen wir andere Möglichkeiten suchen: Schule, Kindergarten, Feuerwehrhaus, Sportlerheim, Hofgut ?  Und uns beeilen, denn andere Vereine suchen auch Ausweichquartiere.

Mit freundlichen Grüßen

i.A.

Hartmut Barth-Engelbart

PRESSEMITTEILUNG-ENDE !!!!

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Und hier ein Rückblick auf die vorhergehenden Erzählabende:

 

150 Jahre Bahnhof, 100 Jahre Radsport, 90 Jahre “HARTZ4” in Mittel-Gründau
http://www.barth-engelbart.de/?p=199083
150 Jahre Bahnhof Mittel-Gründau

Wie sind die Menschen aus Mittel-Gründau nach Breitenborn zu den Steinbrüchen,  nach Trais-Horloff zum Braunkohle-Bergbau, nach Gießen, Gelnhausen, Hanau, Frankfurt und Höchst zur Arbeit gefahren. Trotzdem es seit 1869 vom Bahnhof Mittel-Gründau die Verbindungen nach Gießen und Gelnhausen/Hanau/Fulda gab, fuhren viele Mittel-Gründauer mit dem Fahrrad, weil die Bahn zu teuer war – oder in den 1920ern mit dem Uffelmann’schen Bus legal nach Nieder-Mittlau an den Bahnhof oder illegal direkt nach Hanau – und von dort weiter nach Frankfurt zur Casella, zum ADLER im Gallus, zur FMA-Pokorny oder zu den Farbwerken Hoechst. usw.
Die Bilder aus den 1920er Jahren stammen aus den von Erwin Rückriegel herausgegebenen Bildbänden „Gründau in alten Ansichten“ 1981, „Gründau/ Menschen bei der Arbeit“ 1988

Die Zeitungsartikel entstammen dem Presse-Archiv Wilhelm Pfannmüllers, das er aus den Aushängen am Mitteilungsbrett der Gemeinde von 1957 bis 1973 zusammengestellt hat. Diese Artikel-Sammlung befindet sich im Gemeindearchiv Gründau

100 Jahre (Motor-)Radsport Mittel-Gründau

Der Weg zur Arbeit war für die Mittel-Gründauer wie für so viele im Gründau-Tal das beste Training für der Radsport, der bereits vor dem Ersten Weltkrieg als Arbeiter-Sport betrieben wurde, wenn auch zunächst als Verkehrsmittel für den Gesangsverein bei auswärtigen Chorkonzerten oder als Einsatzübungen der Freiwilligen Feuerwehr, wenn es galt , auf schnellstem Weg an die Spritze und die Schläuche, die Löscheimer im Feuerwehrhaus  – zunächst am Backhaus und dann auf dem Schulhof  und als Vorauskommando zum Brandherd zu gelangen. Auf dem Hintergrund dieser mittlerweile 100jährigen Tradition wurde Mittel-Gründau zum Austragungsort hessischer und deutscher Meisterschaften im Motocross.  Aus dieser Tradition speist sich auch die Geschichte der SKG Mittel-Gründau, in die nach 1945 die beiden Fußballmannschaften von Blau-Weiß und dem RotSport-SOLIDARITÄTS-Verband nach 12 Jahren gemeinsamem Verbot und gemeinsamer Verfolgung durch die Nazis zusammenkamen.

 

90 Jahre „HARTZ4“-Aufstocker-Arbeit in Mittel-Gründau

In den End 1920ern erhalten arbeitslose Wohlfahrtsempfänger einen Zuschuss der Gemeinde von 10 Reichsmark pro Woche zu den „Wohlfahrts“-Almosen, wenn sie im Gemeinde-Steinbruch arbeiten. Noch im Januar 1933 beantragt die Gemeinde beim hessischen Landtag einen zinslosen Kredit von 3.000 Reichsmark zur Finanzierung von Notstandsarbeiten, da die Gemeinde keine Mittel mehr hat. Sie muss sogar Gemeindeangestellte entlassen.  Mitte 1933 beantragt der Gemeinderat Mittel-Gründau beim Kreis Büdingen Befreiung von Steuerzahlungen, weil die Gemeinde das Arbeitslager auf dem Herrnhaag unterstützt. Die Zuschüsse zu den Wohlfahrts-Almosen werden Anfang 33 kurz vor der Machtübernahme durch die Nazis „gegen die Stimmen der Arbeitervertreter“ abgelehnt, abgeschafft. Unter dem Kommando der Nazis lehnt der Gemeinderat sogar die Bedürftigkeitserklärung für nachweislich Bedürftige ab- insbesondere für Bedürftige aus den Reihen der linken Opposition.
Wer weiß wo der Gemeinde-Steinbruch zu finden ist? Ist es der kurz vor der Ronneburg?
Und wer weiß, wann der Frankfurter Wecker schon einmal vor 1963 in Mittel-Gründau war? Es soll ein Wecker noch mit Otto Höpfner gewesen sein.

Hier zwei Bilder vom Frankfurter Wecker 1963 zur 100 Jahrfeier des Gesangsvereins „Eintracht“ Mit Herbert Konrad, dem singenden Ortsdiener, Heinz Schenk und Gert Böttcher – Gretje Kauffeld kommt erst später

 

Den Artikel mit allen historischen Zeitungsausschnitten  und Bildern kann man hier sehen:  http://www.barth-engelbart.de/?p=199083

 

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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