Die Geschichte des jüdischen Gelnhäuser OPEL-Händlers Blumenbach hat eine Vor- und Nachgeschichte, die verschwiegen wird

Die Terrorisierung und Vertreibung der Juden Gelnhausens, die diese Barbarossa-Stadt zusammen mit der Einweihung der „Adolf-Hitler-Kaserne“ 1937 feierte und stolz darauf war „dem Führer die erste judenfreie deutsche Stadt, besenrein übergeben“ zu können , konnte von oben erst richtig angegangen werden, nachdem der kommunistisch-sozialdemokratische Widerstand weitgehend „ausgeschaltet“, in „Schutzhaft“ und KZ verschleppt und in den Untergrund gezwungen worden war. Erst nach der von Martin Niemöller so gut beschriebenen Vorgehensweise und der „Neutralisierung“ bürgerlich-demokratischer Restbedenken-Träger wagten die Faschisten die Judenpogrome zu organisieren und nach der Vertreibung der Juden zu „arisieren“.

Siehe dazu auch: Statt Stolper-Steine Schand-Schuld-Schilder: Scheuer-Haus, Gelnhausen Burgstraße 34 – barth-engelbart.de

Das Autohaus und die Werkstatt Blumenbach ging zunächst von der Dresdner Bank Gelnhausen als „Juden-Schnäppchen“ (wie viele andere Betriebe und Geschäfte in Gelnhausen, die 1997/98 ihr 60jähriges Bestehen feierten, wie z.B. die Firma „Betten-Schmidt“) an die Firma Hempel, die den Betrieb in die Leipziger/Berliner Straße auf ein Blumenbach’sches Gelände verlagerte, dann an Gross/Bras verkaufte, die den Betrieb ins Birkenfeld jenseits der A66 verlagerte.

Auf dem “arisierten Gelände”, also auf Hehlergut der Dresdner Bank und der Firma Hempel baute das Land Hessen und der Main-Kinzig-Kreis die Bibliothek und die Mensa des Grimmelshausen-Gymnasiums. Dort ist lobenswerter Weise auch eine Blumenbach-Dauerausstellung zu sehen. Dort würde ich gerne Mal eine Lesung zum Thema machen oder am Platz der alten Werkstatt in der Bahnhofstraße, wo jetzt die Arbeitsagentur und ein Café untergebracht sind (gegenüber der Post, 100 Meter vom Kaiser-Bahnhof entfernt und nach Dachstuhlbrand wieder aufgebaut). Im Café kann man noch die alte Sandsteinmauer des OPEL-Autohauses Blumenbach sehen. Blos weiß das mittlerweile kaum noch jemand.

Blumenbachs Bank-Guthaben auf der Kreissparkasse wurde nach seiner Vertreibung aus Gelnhausen 1936 einbehalten. Dieses Guthaben müsste verzinst seinen Nachfahren ausgezahlt werden.

Die 1937/38 über Fluchthilfe-Wohnungen in Frankfurter Osten in der Uhlandstraße nach Argentinien ausgewanderten Scheuers, sind dort in Armut gestorben. Ihre Hinterbliebenen warten bis heute vergeblich auf eine „Wiedergutmachung“ und die Rückgabe ihres Grundstücks und ihres Hauses am Eingang der Burg-Siedlung.

Dauerausstellungen für die NS-Opfer in Gelnhausen gibt es sonst nicht. Auch keine Erinnerungstafel an den mutigen SPD-Ortsvorsitzenden Kürle, der noch im April 1933 das Hakenkreuz im Steinbruch über der Kirche übermalt hat, Wahrscheinlich mit den Pfeilen der Eisernen Front,

der militanten SPDler im Kampf gegen die NAZIS. Kürle ist dabei abgestürzt, wurde in Aufenau von einem jüdischen Arzt wieder zusammengeflickt aber kurz darauf von der GESTAPO abgeholt. Noch vor seiner Verhaftung hat er zusammen mit dem KPD-Vorsitzenden Rennert, die Mitglieder-Karteien beider Parteien und die Abonnenten-Dateien des Vorwärts und der Roten Fahne und ihrer regionalen/lokalen/betrieblichen Ableger im Garten vergraben, um sie „nach dem Spuk wieder aus(zu)graben und dann eine gemeinsame Partei auf(zu)bauen!“

Nichts wird in Gelnhausen davon gezeigt.

PENTAX Image

Das Haus der Scheuers wurde immer noch nicht an die Nachfahren zurückgegeben. Das Scheuer-Haus wird verfallen lassen,

der Hof wird als Parkplatz der Stadt benutzt, und diente jahrzehntelang als Lagerplatz für den städtischen Bauhof.

Hier wäre ein idealer Platz für für ein interaktives Museum & Bildungszentrum zur Geschichte des Widerstandes gegen die Nazi-Diktatur, zur Geschichte der „Burg“, von der Kaiserpfalz zur Armen-Siedlung, zur KPD-SPD-Hochburg und zum „hippen Wohnen am Fluss“ für Besserverdienende, für Lesungen und Ausstellungen: Valentin Sengers „Die Buxweilers“, Anna Seghers „Das 7. Kreuz“ ….. Heinrich Manns „Untertan“, der den Weg des Kaisers zur Meerhölzer Grafenhochzeit so gerne vom Kaiserbahnhof durch die Kaiserpfalz zur VERITAS und im Triumpfzug über die Alte Leipziger Straße zur Marienkirche geleitet hätte. Dort hätte dann auch die VERITAS-Belegschaft unter Führung ihres sozialdemokratischen Häuptlings Fischer Spalier gestanden.

Auf einem Teil des Gartens der Familie Scheuer ließ der Main-Kinzig-Kreis einen Teil des Main-Kinzig-Forums errichten. Auf einem kleinen Gartenteil befindet sich eine Blühwiese mit Hinweis auf gefährdete Insektensorten, aber ohne Hinweis auf die beraubten, zusammengeschlagenen, gefolterten und vertriebenen jüdischen Eigentümer.

Einer der Haupttäter, der SA-Führer Heiner Dudene

Signatur:MF Seite:Dudena Heinrich 1,1,1899 Eigentum des Bundesarchiv Diese Aufnahme wird nur leihweise zur einmaligen Verwendung fŸr den genehmigten Zweck Ÿberlassen. Die Weitergabe dieser Aufnahme ist nicht zulŠssig.

wird bis heute auch dort nicht als Täter erwähnt. Die Villa des jüdisch-gläubigen Rechtsanwaltes Sondheimer wurde VOM LAND HESSEN MITTLERWEILE ALS HEHLERGUT AN EINE IMMOBILIENFIRMA VERSCHERBELT: Da nützte es auch nichts, dass sogar der hessische Landtagsabgeordnete Dr. Rolf Müller (CDU) die Einrichtung eines Museums für den Widerstand gegen die NAZIS im Kinzigtal in dieser Villa forderte, anstatt sie zu verkaufen.

An die in die KZs verschleppten Gewerkschafterinnen, Sozialdemokratinnen, Kommunistinnen wird genauso wenig erinnert. Sie wurden nach guter, auch polizeilicher Vorbereitung vor 1933 direkt nach der Machtübergabe an die NSDAP ab 1933 verhaftet , gefoltert, und in die ersten KZs eingeliefert: die politischen aus Gelnhausen kamen meist nach Guxhagen-Birkenau, wenn sie nicht schon vorher in örtlich polizeilicher Schutzhaft mit SA-Unterstützung umgekommen wurden. Ein weiterer Teil der „politischen“ aus dem Altkreis Gelnhausen wurde in das KZ-Osthofen verschleppt.

Wer weitergehendes Interesse daran haben sollte, kann von dem Gelnhäuser Historiker Franz Coy erfahren, dass ein NS-SS-Goldfasan sich in einem eigens darüber geschriebenen Buch damit brüstet, wie er und seine Mitverbrecher schon ab Mitte der 1920er dafür sorgten, dass die ehemaligen Hochburgen der Arbeiter-Bauern- & Soldatenräte in der Region zerstört wurden: man setzte alle Wirte, Hotelbesitzer, Kinos usw. unter Druck, keine Säle, Hinterzimmer u.ä. den linken Kräften und auch den bürgerlichen Demokraten zur Verfügung zu stellen. Bei Weigerung veranstalteten SA & SS riesige Saalschlachten und schon wurden die Wirte gehorsam. Franz Coy kann die Quelle benennen. Bei der Diskussion nach einer Lesung aus Anna Seghers „Das 7. Kreuz“ in der Gelnhäuser Synagoge hat er aus dem Buch sinngemäß zitiert.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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