Offener Brief des Instituts für Palästinakunde
Bonn:
Die ‚Interkulturelle Woche‘ darf Profiteuren von Entrechtung und Vertreibung kein Podium bieten

Vom Vorstand des Bonner Instituts für Palästinskunde erhielt ich folgenden  Offenen Brief: Protest gegen die Kooperation der ‚Interkulturellen Woche‘ mit dem ‚Jüdischen Nationalfonds‘ in Bonn
Sehr geehrte Unterzeichner und Unterzeichnerinnen,

anbei finden Sie den offenen Brief an die Organisatoren der ‚Interkulturellen Woche‘, der analog dem an die Stadt Bonn ist. (Schicken wir Ihnen bei Interesse gerne zu.) Über eventuelle Reaktionen werden wir Sie auf dem Laufenden halten. Eine Presseerklärung folgt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung und solidarische Grüße aus Bonn.
(Wer mitunterzeichnen will, bitte an <vorstand@ipk-bonn.de> mailen!  Und nicht bei dem Ersatz-AVAAZ „change.org“ unterschreiben, die sammeln da e.mail-adressen für ganz andere Zwecke: wie wärs mit ner Flugverbotszone über Syrien als nächste Petition usw…HaBE)
Thomas Siemon

Institut für Palästinakunde


e.V.

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Offener Brief:
Die ‚Interkulturelle Woche‘ darf Profiteuren von Entrechtung und Vertreibung kein Podium bieten

Bonn, 3. September 2012
Institut für Palästinakunde e.V.
Richard-Wagner-Str. 10-12
D 53115 Bonn
Tel.: 0049 228 18038637
ipk@ipk-bonn.de

„Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.“ (Artikel 2)
‚Allgemeine Erklärung der Menschenrechte‘; 1948

For the purpose of this Statute, „crime against humanity“ means any of the following acts when committed as part of a widespread or systematic attack directed against any civilian population …:

(d) Deportation or forcible transfer of population;

Artikel 7 des ‚Rome Statute‘ des ‚Internationalen Strafgerichtshofs‘

Sehr geehrte Damen und Herren des Vorbereitungskomitees der ‚Interkulturellen Woche‘,

nach dem Studium Ihres Bonner Programms mussten wir zu unserer Überraschung feststellen, daß die ‚Interkulturelle Woche‚ mit dem ‚Jüdischen Nationalfonds‘ (JNF) kooperiert, einer israelischen Organisation, die durch die Vertreibung und Enteignung von Palästinensern in den Besitz von tausenden von Hektar Land gelangt ist und in ihren Statuten festschreibt, daß dieses Land nicht an Palästinenser, sondern ganz ausschließlich an Ju­den verpachtet und von ihnen genutzt werden darf.

Den Webseiten des deutschen Zweigs des ‚Jüdischen Nationalfonds‘ zufolge, dessen Haupt­zweck in der Geldbeschaffung für den JNF in Israel besteht, tritt dieser am 23. September im Rahmen der ‚Inter­kulturellen Woche‘ in Bonn als Veranstalter auf, um Geld für eines jener Wiederaufforstungsprojekte im Negev zu sammeln, die unter dem Deckmantel des Umweltschutzes dazu dienen, palästinensische Beduinen von ihrem Land zu vertreiben und in elenden Townships anzusiedeln.

Wir sind bestürzt darüber, daß die ‚Interkulturelle Woche‘ mit dieser Organisation koope­riert, die sich nicht nur an der Vertreibung von Palästinensern beteiligt und bereichert hat, sondern die auch noch heute koloniale Rechtspositionen propagiert und mit Gewalt durchsetzt, die in ekla­tan­tem Wider­spruch zu den Werten stehen, die das Fundament unserer Werte­ordnung bil­den.

Vor diesem Hintergrund, der in dem nachstehenden Text detailliert ausgebreitet wird, fordern wir Sie als Organisatoren der ‚Interkulturellen Woche‘ dazu auf,

  1. die JNF-Veranstaltung aus dem Programm der ‚Interkulturellen Woche‘ zu nehmen,
  2. alle Kontakte mit dem ‚Jüdischen Nationalfonds‘ abzubrechen.

 

Für den Vorstand des ‚Instituts für Palästinakunde e.V.‘ in Bonn

Angelika Vetter und Thomas Siemon

 

Erstunterzeichner

Gruppen und Organisationen

Aktionsbündnis für einen gerechten Frieden in Palästina, Frankfurt
Arbeitskreis Internationalismus Rhein-Main, Wiesbaden
Arbeitskreis Nahost, Bremen
BDS Gruppe Berlin, Berlin
Collectif Judéo-Arabe et Citoyen pour la Paix, Strasbourg
Deutsch-Palästinensischer Frauenverein e.V., Hamburg
Die Rote Fahne, sozialistisches Magazin, Berlin
Frauen in Schwarz-Frauen für Frieden, Mülheim a.d. Ruhr
GHUP e.V, Wachtberg
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Berlin
Palästinakomitee Stuttgart, Stuttgart
‚Pro-Zochrot-Team‘, Stuttgart

Personen

Itaf Al-Abbadi, Wachtberg; Dr. Ruth Aping, Neuss; Heinz Assenmacher, Bonn; Rudolf Assenmacher, Alfter; Winfried Belz, Wilhelmsfeld; Lubej Bender, Düsseldorf; Agnes Bennhold, Heidelberg; Hans Bulling, Pfullingen; Phil Butland, Berlin; Hermann Dierkes, Duisburg; Michel G. Dietrich, Mtgl. ‚Gesellschaft Schweiz Palästina‘, Rueschlikon (Schweiz); Gerhard Dilschneider, Ulm; Hartmut Drewes, Pastor i.R., Bremen; Radjaie Fatima, Karlsruhe; Sylvia Finzi, Mtgl. ‚Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost‘, Berlin; Martin Forberg, Berlin; Helmut Franz, Mendig (Rheinland Pfalz); Werner Gebert, Pfarrer. i.R., Ofterdingen; Raouf Ghali, Reutlingen; Senne Glanschneider, Bundesverband Arbeiterfotografie, Köln; Claude Gregoire, Esch-Azette (Luxembourg); Annette Groth, MdB, ‚DIE LINKE‘, Pforzheim; Kinga v. Gyökössy-Rudersdorf, Weinstadt-Endersbach; Brigitte Gärtner-Coulibaly, Herford; Renate Haeberle, Schwäbisch Hall; Dr. Aref Hajjaj, Bonn; Yasmin El-Hakim, Stuttgart; Evelyn Hecht-Galinski, Publizistin, Malsburg-Marzell; Benjamin Hecht, Malsburg-Marzell; Ulrich Heise, Richter i.R., Langenhagen; Dr. Uwe Heitz, Bad Waldsee; Suraya Hoffmann, Bergheim; Lore Hofmann, Bad Boll; Erika Horn, Karlsruhe; Dietrich Hyprath, Sant Josep (Islas Baleares); Claudia Hüttermann, Münster; Adnan Izat, Stuttgart; Renate Khurdok, Salem am Bodensee; Annette Klepzig, Mtgl. ‚pax christi‘, Wilhelmsfeld; Gertrud Kohn, Neu-Ulm; Thekla Kolbeck, Breisach; Karl Kopp, Freiburg; Ursula Kramer, Stuttgart; Manuela Kunkel, Stuttgart; Jörg Lang, RA, Stuttgart; Wilhelm Langthaler, Wien; Hildegard Lenz, Koordinatorin des ‚Kairos Palästina-Solidaritätsnetz‘, Bremen; Dr. Edith Lutz, Kall-Sötenich; Linda Matrone, Stuttgart; Clemens Messerschmid, Ramallah; Haret Musa, Wachtberg; Sarah Musa, Wachtberg; Karin Nebauer, München; Gertrud Nehls, Hagen; Philip Nessling, Essen; Rosemarie zur Nieden, Hattingen; Adelheid Patzlaff, Nister-Möhrendorf; Heidi Pehnack, Ulm; Barbara Philipps, Bergisch Gladbach; Waltraud Planthaber, Berlin; Nancy du Plessis, Berlin; Ian Portman, Stuttgart; Paula El-Qalqili, Berlin; Attia Rajab, Stuttgart; Verena Rajab, Stuttgart; Martin Rambow, Weimar; Bernhard Rawer, Ettenheim; Ellen Rohlfs, Mtgl. von ‚Gush Shalom‘, Leer; Angelika Romeik, Mülheim a.d. Ruhr; Karl Heinrich Ruderdorf, Weinstadt-Endersbach; Waltraud von Ruepprecht-Bulling, Pfullingen; Prof. Dr. Werner Ruf, Edermuende; Günter Schenk, Strasbourg; Gerlinde Scherer, Ohlsbach; Dorothee Schlange-Schöningen, Bad Honnef; Ursula Schleier, Schopfheim; Karl Schmidt, Pfarrer i.R., Stuttgart; Dr. Angelika Schneider, Bremen; Frieder Schöbel, Braunschweig; Dr. Ali Shneiwer, Bad Honnef; Ursula Siemon, Odendorf; Angelika Spell, Berlin; Thomas Immanuel Steinberg, Hamburg; Gernot Steinweg, Bonn-Bornheim; Marlene Stripecke, Bonn; Christiane Sturm, Bonn-Röttgen; Karl Traub, Nürtingen; Dr. Ernst Uhl, Bremen; Siegfried Ullmann, Alfter; Dr. Jochen Vollmer, Pfarrer i.R., Reutlingen; Hossam Wahbeh, Stuttgart; Sabine Werner, Königswinter; Hartmut Wihstutz, Hohen Neuendorf; Astrid Wortmann, Barsinghausen; Annegret Zeilinger, Freiburg i.Br.; Helmut Zeilinger, Freiburg i.Br.

 


 

Vertreibung und ethnische Diskriminierung bilden den roten Faden in der Geschichte des ‚Jüdischen Nationalfonds‘ (JNF-KKL)

„it must be clear that there is no room in the country for both [Arab and Jewish] peoples … If the Arabs leave it, the country will become wide and spacious for us … The only solution [after the end of WW II] is a Land of Israel, at least a western land of Israel [i.e. Palestine], without Arabs. There is no room here for compromises … Not one village must be left, not one [Bedouin] tribe.“
Yosef Weitz, „father of forests“ (1890-1972), Tagebucheintrag vom 20. Dezember 1940; Leiter der Wiederaufforstungs-Abteilung des JNF (1932-1972)

Der ‚Jüdische Nationalfonds‘

Der ‚Jüdische Nationalfonds‘ (JNF) ist, anders als seine Selbstdarstellung zu suggerieren versucht, weder eine philanthropische NGO noch eine Naturschutzorganisation, deren Sorge vor allem der Flora und Fauna Israels gilt. Der JNF ist vielmehr eine sehr mächtige parastaatliche Institution, die 13 Prozent des israelischen Bodens treuhänderisch verwaltet und 10 von 22 Direktoren der israelischen Landadministration (ILA) stellt, die weitere 80 Prozent des israelischen Bodens kontrolliert.

Die Kernaufgabe des JNF besteht seit über einhundert Jahren in der Kolonialisierung Palästinas, mit dem Ziel, dort einen europäisch-jüdischen Staat aufzubauen bzw. zu befestigen: Dazu setzte der JNF – seit der Gründung im Jahre 1901 – alle Mittel ein, um palästinensisches Land in seine Hand zu bekommen, um es ausschließlich Juden für die Besiedlung zur Verfügung zu stellen und dessen palästinensische Bewohner zu vertreiben und von einer Nutzung des Landes auf ewig auszu­schließen. Denn der JNF, so kann man in dessen eigenen Veröffentlichungen nachlesen, ist der ‚Treu­händer des unveräußerlichen Landes des jüdischen Volkes‘.

Dieser auf Ausgrenzung und Vertreibung von Palästinensern abzielenden Zielsetzung sind alle Aktivi­täten des JNF bis zum heutigen Tag untergeordnet.

Der ‚Jüdische Nationalfonds‘ bis 1948

Bis zum Krieg im Jahre 1948, der in Israel als Unabhängigkeitskrieg bezeichnet wird, musste sich der JNF darauf beschränken, den Palästinensern das Land abzukaufen. Die Verkäufer waren zu drei Vierteln Grossgrundbesitzer, die häufig außerhalb Palästinas lebten. Nicht wenige kamen unter osmanischer Herrschaft mit unlauteren Methoden zu dem Land, das sie mit großem Gewinn an den JNF verkauften, von dem die Palästinenser anschließend mit Gewalt vertrieben wurden. Auf diese Art und Weise gelangten bis 1948 circa 90.000 Hektar (3-4 Prozent des Bodens) Palästinas in die Hände des JNF, auf dem 230 jüdische Siedlungen gegründet wurden.

Den Krieg, der Israel hervorbringen sollte, unterstützte der JNF mit dem ihm eigenen Mitteln: Seine ‚village files‚ (dt. Dorfakten) mit akribischen Angaben zu hunderten palästinensischer Dörfer, die seine Agenten beginnend in den 30er Jahren zusammengestellt hatten, waren für die Planung der Eroberung und der Vertreibung der Palästinenser von großem Nutzen. Der Leiter der Wiederaufforstungs-Abteilung des JNF, Yosef Weitz, der direkten Zugang zum inneren Machtzirkel um den späteren Staatschef Ben Gurion hatte, initiierte die Bildung eines Transfer Komitees (‚Transfer‘ ist der in Israel übliche Euphemismus für Vertreibung) und setzte sich auch persönlich für die Vertreibung der Paläs­tinenser und die Zerstörung ihrer Dörfer ein, um ihr Land unter die Kontrolle des JNF zu bekommen.

Ende 1948 war der jahrelang vorbereitete Krieg gegen die Palästinenser und die arabischen Nachbarstaaten – die den Palästinensern zu spät, widerwillig und völlig unkoordiniert zur Hilfe eilten – vom Erfolg gekrönt: Es gelang circa 500 palästinensische Dörfer komplett zu entvölkern und einen Großteil dem Erdboden gleich zu machen, um die Rückkehr der Palästinenser zu verhindern. Beinahe 90 Prozent der Palästinenser (mehr als 700.000) wurden vertrieben und verloren ihr gesamtes Hab und Gut, weshalb dieser Krieg von ihnen seither als ’nakba‘ (dt. Katastrophe) bezeichnet wird.

Der ‚Jüdische Nationalfonds‘ nach 1948

Nach dem militärischen Sieg und der erfolgreichen Vertreibung der Palästinenser schien die Not­wendig­keit für das Weiterbestehen des JNF entfallen zu sein. Anstatt den JNF aufzulösen und seinen Besitz zu ver­staat­lichen, geschah jedoch das Gegenteil. Kurz nach Kriegsende begann der israelische Gesetz­geber, eine Reihe von Gesetzen zu erlassen, mit denen er die Enteignung des Bodens der ver­triebenen Palästinenser legalisierte, um ihn anschließend an den JNF weiter zu reichen. Durch diesen staatlich legalisierten Raub – von dem auch noch die 10 Prozent in Israel verbliebenen Palästi­nenser betroffen waren – vergrößerte sich der Landbesitz des JNF von 90.000 auf 250.000 Hektar, was circa 13 Prozent der gesamten Fläche Israels entspricht.

Der Grund für die Übertragung des Bodens an eine nominell unabhängige, nichtstaatliche Organi­sation lag darin, daß Israel so den Palästinensern den Zugang zu Land verwehren konnte, ohne dazu explizit rassistische Gesetze erlassen zu müssen, so wie das in Südafrika der Fall war. Ein Umstand, der es Israel ermöglicht, seinen Apartheidcharakter hinter einer demokratischen Fassade zu verbergen; eine der wichtigsten Voraussetzungen für seine internationale Unterstützung bis zum heutigen Tag.

Wiederaufforstung als Waffe

Folgt man den Webseiten des JNF, so handelt es sich um eine philanthropische Natur- und Umwelt­schutzorganisation, die sich vor allem der Wiederaufforstung Israels widmet. Aber auch bei diesen Projekten verliert der JNF nie sein eigentliches Ziel aus den Augen, die Palästinenser zu ver­drängen, ihre Rückkehr zu verhindern und die Spuren ihrer einstigen Anwesenheit auszulöschen.

Wälder wie der ‚Wald der deutschen Länder‘, in dem nun ein Bonner Hain angelegt werden soll, wurden vom JNF regelmäßig auf Land angelegt, das von Palästinensern zuvor besiedelt und für die Landwirtschaft oder als Weideland genutzt wurde. Allein Zochrot (heb. Erinnerung) listet auf sei­nen Webseiten 59 JNF-Projekte auf den Überresten palästinensischer Dörfer auf. Ein recht be­kannter Fall ist der ‚Canada-Park‘, nahe Jerusalem, der vom kanadischen Zweig des JNF finanziert wurde. An dessen Stelle befanden sich bis 1967 drei Dörfer – Imwas, Yalu und Beit Nuba. Deren Häuser wurden nach dem Juni-Krieg gesprengt bzw. planiert und die mehr als 5000 Einwohner vertrieben.

Ähnlich verhält es sich mit dem Land, auf dem sich heute der ‚Wald der deutschen Länder‚ befindet, in dem nun ein ‚Bonner Hain‚ angelegt werden soll: bis 1948 gehörte es den Beduinen vom Stamm der Abu-Sukut.

Das Ziel derartiger Wiederaufforstungsprojekte besteht immer darin, die Palästinenser unter dem Deckmantel des Umwelt- und Naturschutzes, durch die Anpflanzung von Wäldern für immer an der Nutzung ihres Landes und ihrer Rückkehr zu hindern. „Naturschutz“-Projekte dieser Art verfolgt der JNF auch noch heute im Negev – nicht weit entfernt vom ‚Wald der deutschen Länder‘ – etwa in Al-Arakib.

Die ‚Wiederaufforstung‘ Al-Arakibs

Als die von Israel betriebene ethnische Säuberung 1948 den Negev überrollte, flohen 65.000 bis 90.000 der dort lebenden Beduinen nach Gaza oder in das Westjordanland. Zu den glücklicheren der etwas mehr als 10.000 in Israel verbliebenen Beduinen gehörten die Bewohner des Dorfes Al-Arakib, das der Zerstörung zunächst entging.

Doch schon wenig später beschloss der israelische Staat die Beduinen in einer Reservation (‚Siyag‘) zu konzen­trieren. 1951 räumten die Bewohner Al-Arakibs ihr Dorf, nachdem man ihnen erklärt hatte, daß sie nach 6 Monaten zurückkehren dürften. Anstelle diese Zusage einzuhalten, wurde ihr bisheriges Siedlungsgebiet zu einem militärischem Sperrgebiet erklärt und sie wurden im Siyag unter Militär­recht gestellt und festgehalten (bis 1966).

Ende der 60’er Jahre begann Israel Townships für die Beduinen im Siyag zu errichten. Diese Townships – heute gibt es sieben davon – gehören heute zu den ärmsten Kommunen Israels. Und sie sind die einzigen Siedlungen, die Israel seit 1948 für seine wachsende palästinensische Bevölke­rung neu ausgewiesen hat. 1953 erließ der israelische Gesetzgeber ein weiteres Gesetz zur Landenteignung der Palästinenser (Land Aquisition Act), das all das Land verstaatlichte, dessen Eigentümer sich am 1. April 1952 nicht auf ihrem Land befanden. So geriet das Land Al-Arakibs, das anschließend zu Agrarland erklärt wurde, in die Hände der ‚Israelischen Landadministration‘ (ILA), von dessen 22-köpfigen Direktorium der JNF zehn Direktoren stellt.

Die Bewohner Al-Arakibs versuchten sich gegen diesen Diebstahl zu wehren, auch vor Gericht. Da all ihre Versuche scheiterten, kehrten sie in den 90ern auf ihr Land zurück, so wie rund die Hälfte (70-90.000) der heute im Negev lebenden Beduinen, die in 45 sogenannten nicht anerkannten Dörfern leben, die von der öffentlichen Infrastruktur komplett abgeschnitten sind: ohne Wasser- und Stromversorgung, Kanalisation oder Müllabfuhr und ohne Wahlrecht (!). Um die nunmehr ‚illegal‘ siedelnden Beduinen zu vertreiben, ließen die Behörden ihre Hütten und Zelte immer wieder neu zerstören, ihre Felder und Weiden unterpflügen, niederbrennen oder (bis 2004) aus der Luft mit Gift besprühen.

Unterdessen wurden immer wieder neue Pläne zur ‚Entwicklung‘ des Negev aufgelegt, zuletzt der Blueprint Negev des JNF, mit dem Ziel, dort bis zu einer Millionen Juden anzusiedeln: Pläne, denen die ’nicht anerkannten Dörfer‘ der Beduinen im Weg stehen. Nach dem Amtsantritt Netan­jahus entschloss sich der Staat, die aggressivste Variante seiner Planungen durchzusetzen, die vor­sieht, dreissig bis vierzigtausend Beduinen zwangsweise umzusiedeln.

Der Anfang wurde im Sommer 2010 in Al-Arakib gemacht: Bagger und Raupen des JNF zerstörten die Behausungen von 300 Beduinen und rissen 1000 Olivenbäume (!) aus. Seither wurde Al-Arakib, auf dessen Land die widerständigen Beduinen immer wieder neue Hütten und Zelte aufstellten, 40 mal durch den JNF zerstört.

Und während vor den Gerichten noch um das Land Al-Arakibs gestritten wurde und obwohl das Land offiziell als Agrarland ausgewiesen ist, begann der JNF mit der Anpflanzung eines neuen ‚Waldes‘. So wie er das einst auf dem Land der ‚Abu Sukut‘-Beduinen tat, auf dem heute der ‚Wald der deutschen Länder‘ steht, in dem nun ein ‚Bonner Hain‚ entstehen soll.

 


Quellen & WeiterführendesZum ‚Jüdischen Nationalfonds‘:
The Jewish National Fund Walter Lehn, Journal of Palestine Studies, Vol. 3, No. 4. (Summer, 1974), pp. 74-96.
Jewish National Fund’s Violation of International and Domestic Law Salman Abu Sitta, Palestinian Land Society
The Jewish National Fund Issue #43 of al-Majdal (Winter-Spring 2010) BADIL
The Jewish National Fund and Himnuta in the service of the settlers – to dispossess Palestinians of property in Silwan ‚Peace Now‘
The Jewish National Fund: How the Land Was ‘Redeemed’ Dan Leon, Palestine Israel Journal
Blueprint Negev Rebecca Manski, mondoweiss

Allgemeines zur israelischen Landnahme in Palästina:
How Palestine Became Israel S.Halbrook, The Journal of Libertarian Studies, Vol. V, No. 4 (Fall 1981)
Die ethnische Säuberung Palästinas von 1948 Ilan Pappe, inprekorr Nr. 438/439 Mai/Juni 2008, Seite 19-35
Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas Rezension von Ludwig Watzal

Der Fall des ‚Canada Parks‘:
Imwas: Canada Park’s Concealed Crime Issue #43 of al-Majdal (Winter-Spring 2010) BADIL, Seite 21-25
Commemorating the three Latrun villages of Imwas, Yalu, and Beit Nuba zochrot

Beduinen im Negev:
INVISIBLE CITIZENS – Israel Government Policy Toward the Negev Bedouin (Summary) Shlomo Swirski, Yael Hasson, Adva Center
Off the Map – Land and Housing Rights Violations in Israel’s Unrecognized Bedouin Villages Human Rights Watch
The Negev’s Hot Wind Blowing Jonathan Cook, MERIP
The Search for Sustainability in the Negev The Permaculture Research Institute of Australia
Principles for Arranging Recognition of Bedouin Villages in the Negev The Association for Civil Rights in Israel (ACRI)
Collected Newsletters Negev Coexistence Forum for Civil Equality
Save the Negev neohasid.org

Al-Arakib:
Reclaiming the desert Aviva Lori, Haaretz
Evangelical TV channel turns the Negev into a forest and removes the Bedouin from Al Arakib Nir Hasson, Haaretz
Bedouins get mobilized as Israel pushes them off their land Silvia Boarini
Al-Arakib, Appell an den JNF Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden

Der Fall Al-Arakib vor Gericht:
Beduinen vor israelischen Gerichten: ‚Winston Churchill at the Be’er Sheva District Court‘ Adam Keller
Population Transfer and the Mewat Pretext in the Naqab Salman Abu Sitta, BADIL

Aktivismus zu JNF und Beduinen:
JNF Resources Stop the JNF campaign
Dunum um Dunum Uri Avnery
Zehn Jahre Korntal-Münchinger Wald im Negev sind kein Grund zum Feiern Stuttgarter Palästinakomitee
Zweiter offener Brief an die Abgeordneten des badenwürttembergischen Landtags und den Landtagspräsidenten Hr. Peter Straub, zur Antwort der SPD-Fraktion Stuttgarter Palästinakomitee
Appell des ‚Jüdischen Forums für Frieden‘ an die GCJZ
‚Zerstörung von Beduinendörfern im Negev‘ Kleine Anfrage der Fraktion ‚DIE LINKE‘
European Members of Parliament Express Deep Concern About Prawer Plan Adalah

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Ein Gedanke zu „Offener Brief des Instituts für Palästinakunde
Bonn:
Die ‚Interkulturelle Woche‘ darf Profiteuren von Entrechtung und Vertreibung kein Podium bieten“

  1. Das US-Kriegs- Tool AVAAZ mischt mit in der Drohnenpolitik, die US-Regierung sammelt Stimmen gegen sich selbst,7500 erwünschte Protestierer zugelassen als Petitionsziel…
    http://urs1798.wordpress.com/2012/10/04/der-nato-mafioso-erdogan-will-nun-einen-offenen-krieg-gegen-syrien-fuhren/comment-page-2/#comment-34069

    Anderes macht mir Sorgen, die friedensbewegten Code-Pinks sind nach Pakistan gereist um gegen die amerikanische Drohnenpolitik zu protestieren.
    Die Handlanger der amerikanisch-saudischen wahabitischen Drohnenpolitik bedrohen sie nun und haben Anschläge auf die Friedensgruppe angekündigt.
    Sie behaupten Codepink würden Agenten Usraels sein. Allerdings die Tehrik-e Taliban Pakistan (TTP) sind vermutlich die “Züchtung” HillaryClinton bin Ladens…Haben sie sich nun als ihre Terrorgruppe geoutet?
    Western protesters join Imran Khan march against terror drones
    http://www.presstv.ir/detail/2012/10/06/265195/western-protestors-join-imran-khan-march/

    Tehrik-e Taliban Pakistan warns against Imran Khan protection in anti-drone rally
    http://www.presstv.ir/detail/2012/10/06/265209/no-protection-for-imran-khan-in-rally/
    http://codepink.org/blog/2012/08/at-drone-convention-zero-tolerance-for-peace/
    http://www.flickr.com/photos/codepinkalert/sets/72157631649653824/

    https://twitter.com/codepink

    Und das US-KRIEGS-TOOL AVAAZ versucht zu übernehmen, machen die Leute nur einmal click,denken sie etwas für den Frieden getan zu haben, lehnen sich zufrieden zurück und kümmern sich nicht mehr darum. Dadurch gibt es auch keine aktive große Friedensbewegung, AVAAZ schafft sie alle zu manipulieren…

    Join the global virtual march against deadly drones and this weekend we can #stopdrones. :-) avaaz.org/en/petition/Jo…—
    Michelle Winther (@MimiWinther) October 06, 2012

    Sonst will AVAAZ immer Hunderttausende von Stimmen generieren, bei den Drohnen haben sie sich nur 7500 Unterzeichner in den Kopf gesetzt. Ziemlich auffällig, oder?
    http://www.avaaz.org/en/petition/Join_the_virtual_march_against_the_US_drone_war/?wDNuAbb
    Die US-Regierung sammelt gegen die US-Regierung 7500 Stimmen ein, eigentlich lustig…

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