“AUS DEM SCHNEIDER!” – PeterSchneidersSkatBuch “Rebellion und Wahn – mein 68? (wers gerne etwas schärfer liebt, sollte meine Koenen-Rezension im Archiv aufsuchen)
Peter Schneider – frisch geschrödert (2008)
VOM ENDE DES TAPFEREN SCHNEIDERLEINS
wenn Peter Schneider in Fortsetzung seiner berüchtigten Skatrunden mit Günter Grass und Walter Höllerer in seinem “Rebellion und Wahn”-sinns 68er Buch Hendryk M. Broder als Genossen aufnimmt und den Widerstand gegen die zionistische Besatzung und die schleichende wie offene ethnische Säuberung Gesamt-Palästinas als “linken Antisemitismus” denunziert, dann ist das in der gegenwärtigen Lage ganz besonders als ein Akt der Andienung an den Moloch zu bewerten.
Ist der Kampf des tapferen Schneiderleins gegen den bösen Riesen eventuell nur der Versuch gewesen ihn soweit zu zähmen, um auf diesem Moloch mitreiten zu können? Wie Negt, Fichter, Koenen, Broder, Fischer, Schmierer, Hager, Füchs, Königs, Kraushaar, ….. Peter Schneiders neues Buch “Rebellion und Wahn – mein 68? wirft Fragen auf. Näht er dem Riesen dafür neue Klamotten ? Und sind des Schneiders neue Kleider vielleicht gar nicht so neu ? Die Schnittmuster ähneln zumindest denen aus dem Masken- und Kostüm-Fundus des SPD-Wahlkontors von 1964/65/66 mit FrontStadt-Willy, Notstands-Wehner und Sturmflutschnauze. Hat der Schneider den Riesen aufs Kreuz gelegt ? Wedelt der Schwanz mit dem Hund? Ists ein Kotau für einen festen Schneidersitz im Wallhalla-Überbau des SPD -Wahlkontors ? Bange Fragen.
“AUS DEM SCHNEIDER!”
ist wohl das sicherste Ergebnis des PeterSchneidersSkatBuches “Rebellion und Wahn – mein 68?, das gut promotet, die Jubiläums-Werke von Kraushaar, Götz Aly, Gerd Koenen im Kampf um die BestenListenPlätze um Längen schlagen könnte. P.S. gilt als Inbegriff von Integrität und Spurtreue. und als am wenigsten NUR politisch:
Schneiders Buch greift voll in die Weichteile!
Mal spielen die Leiden des jungen Schneider auf oder unter der geliebten L. die erste Geige, dann wieder die RRRRebellion zwischen FrontStadt-Willys SPD-Wahlkontor, Skatrunden mit Grass und ein bisschen Lotta Continua mit Ausflügen zur WeißweinSPDontifraktion in der Toscana. (Und Peters L. hieß sicher nicht Lotta, Götz Aly hätte das SchneiderBuch “Mein Kampf mit Lotta” getitelt und als Kinderbuch wäre es dann auch als SchneiderBuch erschienen mit dem Untertitel: Wie Pipi Langstrumpf nach Bologna kam, aber nu isses Mal doch ein ernsthaftes Buch für Erwachsene und andere frühpensionierte Alt68er, die damals gerade verhindert waren aber posthum so gerne mittenmang dabei gewesen wären. Voll der “Wahn” – eine Lebensbeichte mit der Würzmischung aus nouvelle cusine und der Italienisch-leichten. Sowas bringt den Peter eventuell aus dem Schneider, um es für seine grasse Skatrunde verständlich auszudrücken.. Es hat wohl gehakt beim Umsatz auf dem Buchmarkt ? Ist das Klintel weggebrochen ? Ist das Marktsegment zu klein geworden für Aufschwünge zur SPIEGEL-Bestenliste ? Oder geradeaus und undogmatisch-autonom gefragt:
Ists wegen der Andienung ? Andienung klingt toll !
Für die gab es in den Fußgängerzonen vormittags Ausnahmegenehmigung. An vielen Orten hieß dieser Ausnahmeverkehr “Anlieferung” – aber Andienung klingt einfach an -, zu- und be-ständischer, höflicher … obwohl … die Hof-Diener durften bleiben – nachmitags wie abends – in der Regel auch des Nachts mussten die Herrschaften bedient werden. Die Hof-Lieferanten mussten am Hofe abliefern und gehen. Nun haben wir ja seit langem nur noch museal funktionierende Fürstenhöfe. Die realen mussten dem Markt weichen wie auch die meisten Bauernhöfe und wenn von Bauernmarkt gesprochen wird, dann ist meist kein florierend-funktionierender sondern ein folklorierender gemeint mit Öko hinter EichenImmitatbalken, Jodelbalkonen von OBI am Verkaufswagen mit KunstKornblumen umrangten PlastikStörchen und einer Tombola mit einer Wochenkarte fürs Museumsdorf, wo alles abgeliefert werden kann, was dem Markt im Weg steht. Entsorgung als Denkmalschutz. Verdrängung als Vergangenheitsbewältigung. Vergangenheitsvergewaltigung. Man kann Menschen umbringen, man kann sie aber auch umschreiben.
Hat das was mit Peter Schneider zu tun ? Ja, wenn man so fragt, zumindest indirekt: wenn Peter Schneider in Fortsetzung seiner berüchtigten Skatrunden mit Günter Grass und Walter Höllerer in seinem “Rebellion und Wahn”-sinns 68er Buch Hendryk M. Broder als Genossen aufnimmt und den Widerstand gegen die zionistische Besatzung und die schleichende wie offene ethnische Säuberung Palästinas als “linken Antisemitismus” denunziert, dann ist das in der gegenwärtigen Lage ganz besonders als ein Akt der Andienung an den Moloch zu bewerten. Ich weiß, die Marktgesetze sind unbarmherzig, und gerade im Überbaumarktbereich werden sie noch bewusst verschärft, durch Manipulation gelenkt und deshalb um so verletzender. Aber das muss ich dem wackeren Anti-Springer-Schreiber nicht länger erklären. Das kennt er aus dem FF. Das angebliche Wechselspiel von Angebot und Nachfrage, dieses angeblich eiserne Marktgesetz mag in Teilen für Treib- und Schmierstoffe, Seife und Pkws usw. gelten. Aber auch hier gehört dieses Gesetz in der Regel in den Bereich der staatstragend Grimm-umfrisierten Volksmärchen, die die aufsteigenden Schlot- und Stahlbarone zur Festigung der “deutschen Tugenden” schon lange vor den FußballWeltmeisterschaften für ihre Kriege nach Innen und nach außen brauchten.
Die Produktion für den Überbaumarkt unterliegt am allerwenigsten den Marktgesetzen.
Hier werden dem Kapitalinteresse dienliche Meinungen gemacht, Stimmungenn produziert und Bedürfnisse gelenkt. Zur Zeit würde ein wie seiner Zeit in Griechenland das Eleni-Buch – geschickt plazierter “autobiographischer Roman” über eine junge Frau in Darfur ausreichen, um den Einsatz der Bundeswehr im Sudan absolut mehrheitsfähig zu machen. . Nicht, dass jemand glaubt, ich glaubte, Peter Schneider würde ihn für den SPD-Außenminister Steinmeier schreiben. Nö, das machen schon andere. Joscha Schmierer könnte sich doch auch mal prosaisch betätigen, statt nur immer das Völkerrecht angriffskriegskombattibel umzuschreiben. Zurück zu Schneiders “Wahn”, wie ich fürderhin seinen Buchtitel passend abkürzen werde.
Und bei allen Schneider.Fans, die ich aus der nächsten und eiteren Umgebung so kenne, hätte ich doch ein wenig substantiell Anderes erwartet – als bei Götz Aly und Gerd Koenen, Kraushaar und anderen 68er-Nostalgie-Markt-Beschickern
Wenn Peter Schneider jetzt im “Wahn” pars per toto (auch ich habe das Latinum!) der damaligen Linken Antisemitismus andichtet, war er vor 40 Jahren weder bei Rabehl noch bei Mahler zu finden und/oder Schneider heute nicht fündig, zumindest liefert Peter Schneider keine Belege – und jetzt werden beide benutzt, um ihr aktuelles Erscheinungsbild, ihre aktuellen Positionen den 68ern überzustülpen. Mit ihrer heutigen NaziGülle und Patriotisnus/NationalismusSoße malt Peter Schneider posthum ein mainstreamgefälliges 68er Bild. Und unter der Antisemitismuskeule ducken sich auch noch die standhafteren Linken bis heute.
Klar wussten wir vom Verbleib vieler Nazis, wir haben uns dafür schon als Schüler interessiert, weil ja nicht alle Altnazis an den Schulen unterkommen konnten, ….
in Verwaltungen, Gerichten, Ministerien und bei der Polizei und in der Bundeswehr, in den psychiatrischen Landeskrankenhäusern, bei den Krankenversicherungen, den Landwirtschafts- und Industrie- und Handels- und Handwerkskammern. Es gab nicht nur die Rattenlinie über kroatische FranziskanerKlöster. Viele waren nicht nach Argentinien und Chile, Venzuela und Brasilien ausgewandert. Viele saßen noch für die metallgesellschaft in Almeria unter Franco gut beschützt. Und fast genauso viele saßen aus vielen Gründen in den arabischen Staaten, die sich gerade von ihren Westalliierten-Besatzern unabhängig gemacht hatten oder erst dabei waren es zu tun. . Doch die meisten der dort ausharrenden Altnazis und hochrangigen Nazi-Profiteure waren nicht hauptsächlich als Antisemiten unterwegs, sondern als Agenten “deutschen” Kapitals, das im Nahen Osten die Stellung und die Zugriffoptionen auf Ölquellen gegen die britische, französische, zunehmend auch gegen die US-amerikanische Konkurrenz halten sollten. Ich bin mir sicher, dass es neben Peter Schneider auch noch eine Reihe von französischen “Linken” gibt, die den Beweis antreten möchten, dass die FLN- von Nazis unterwandert war, sie deshalb für die Palästinenser Partei ergriff. Ich bin gespannt, wann die ersten solcher Vertreter der “Linken” (Kouchner wäre vielleicht dazu geeignet) Franz Fanon zum Antisemiten und das AlgerierinnenAbschlachten des Generals Massue zum antifaschistischen Kampf erklären.
Bereits 1964 , als Peter Schneider noch für den späteren Modell-Deutschland-Chef und U-Boot-Plaupausen-Exporteur nach Bothas Appartheit-Süd-Afrika Reklame-Sprüche schmiedete,
musste ich einen Jungen aus Israel vor wild gewordenen JungNazis in einem christlichen Internats-Gymnasium schützen. Seine Eltern kamen aus Lodz, beide überlebten Theresienstadt und Auschwitz und wanderten wegen des in der VR-Polen grassierenden Antisemitismus zunächst nach Israelö aus. Wegen des dort herrschenden Rassismus kamen sie mit ihrem in Israel geborenen Sohn 1963/64 nach Deutschland. Joseph lernte mit mir Deutsch und wurde von der christlich-faschistischen Elite als “Latten-Jupp” verspottet und mit kollektiv-Prügel bedroht.: mit dabei und führend waren spätere Formel 1 -Rennfahrer, Landesminister usw… aus bestem Hause. Und während dieser Nachhilfe für einen jüdischen Jungen und dem sich gegen die Jungnazis in den Weg stellen fand ich heraus, dass der Leiter des Internates bis 1958 Predigtverbot hatte, weil er als Waffen-SS-Mitglied von der Spruchkammer dazu verurteilt worden war. Die badische Landeskirche hatte ein Erbarmen mit diesem Entnazifizierungs”opfer” und stellte ihn als Internatsleiter ein. Er sollte in ihrem Auftrag eine christliche Elite erziehen. Weitere Recherchen brachten seine hohe Hausnummer bei den “Deutschen Christen” zum Vorschein und auf dem Dachboden fanden wir 1965 ein Exemplar seiner Dissertation zum Thema “Jesus Christus – ein Arier”. Dass die Jungnazis mit zumindest stillschweigender Duldung des Internatsleiters auch noch Bettnässer folterten, sei nur nebenbei angefügt. Für Joseph wäre die Kombination von Bettnässer und Jude mit Sicherheit tötlich gewesen.. Gottseidank nässte er nicht. Dass er sich dann aber nicht an den Unterstützungsaktionen für den Metallerstreik und auch nicht an den Aktionen gegen die “Deutsche Ost-Afrika-Mission” und ihre kolonialistische Funktion beteiligte, hat mich zwar etwas enttäuscht, aber ich konnte es verstehen. Joseph wollte endlich irgendwo im Mittelfeld unbehelligt und “ganz normal” leben.
Zurück zum “Wahn”
Es war zumindest in der Frankfurter vor-, hoch- oder nach-68er Linken durchaus üblich, dass sich in Personalunion oder/und in den Wohngemeinschaften, mindestens aber in den vielen linken Gruppierungen der Kampf gegen den Antisemitismus, der Kampf gegen jeglichen Rassismus und der Kampf gegen den Kolonialismus und Neokolonialismus auch und phasenweise besonders gegen den zionistisch geprägten trafen.
James, der Sohn einer Tel Aviver/Amsterdamer Pelzhändlerin, die den Holocaust überlebt hatte, war auf der Flucht vor dem israelischen Geheimdienst
– Shinbeth und/oder Mossad – und wurde von uns in der AUSS-BuVo- und der daraus folgenden WG im Frankfurter Bäckerweg aufgenommen und unregelmäßig zwischen verschiedenen WGs im Ballungsgebiet verschoben, um den Zugriff zu verhindern. Eine Taktik, die wir 1968 schon einmal bei Daniel-Cohn-Bendit angewendet hatten, als er von der Sureté in Frankfurt gesucht wurde. Der Zugriff auf Cohn-Bendit in der Fichardstraße ging ins Leere: die französischen Schlapphüte erwischten mich, André W. und den kleinen rotblonden Richard R. der seit Saarbrücken-Forbach , wo wir Cohn-Bendit über die Grenze nach Paris begleiten wollten und von der paramilitätischen CRS daran mit Maschinengewehren “im Anschlag” gehindert wurden, – als Double im Fonds des SDS-Merzedes saß, während DCB bereits im Morris-Mini einer miniberockten BBC-Reporterin in Richtung Calais das Weite gesucht und wahrscheinlich neben der Meerenge und dem Kanal auch in der Enge des Minis noch vor der TowerBridge zum Ziel kam. Es sei und es war ihm gegönnt. Bei James lag die Sache etwas anders. Er war schon hochgradig traumatisiert und die Mama schrieb uns, er müsse wegen seiner Wahnvorstellungen in psychiatrische Behandlung. Tatsächlich war er auf der Flucht vor diesen Diensten, aber auch vor seiner Mutter, die den Jungen in die israelische Armee bringen wollte. James vertrat Positionen des linken Flügels von Matzpen. Und er verurteilte der “6-Tage-Blitzkrieg” , wie er ihn nannte, wie wir ihn nannten. Und bei der Lektüre des besorgten Mutterbriefes, der mit der Drohung mit dem Staatsanwalt endete: “Sollte sich mein Sohn nicht innerhalb einer Woche bei mir im Hotel Würzburger Hof am Hauptbahnhof melden, erstatte ich Anzeioge gegen Sie wegen Kindesentführung” schrillten bei uns die Alarmglocken: Orwell lässt grüßen – die psychiatrische Behandlung politisch Abtrünniger, Gehirnwäsche …. Trotz alledem organisierten wir die “Rückgabe” des “Entführten”.
Mit in der WG wohnte liiert mit einem Befreiten aus der Staffelberg-Kampagne Liesel N. aus einer teilweise überlebenden Wiener jüdischen Familie, Aktivistin der österreichischen FLN “Föderation Neue Linke”- einer Gruppierung des SÖS. Liesels Schwester, ein “Führungskader” des SÖS und der FNL, sah aus wie Angela Davis, war aber wesentlich hübscher – also mir gefiel sie einfach besser. Ihr Afro-Look war voll Natur und kein Brennscherenergebnis oder Chemieprodukt. Und seit dem zogs mich hin nach Wien. Ihr Gastspiel im SDS-Büro und in unserer WG war leider nur sehr kurz. Für Liesel war James ein verwöhntes Muttersöhnchen, ein Warmduscher, der noch für seinen Mundgeruch den israelischen Geheimdienst verantwortlich machte, weil er sich angeblich aus Angst vor vergifteter Zahnpasta die Zähne nicht putzte. Zu Frauen hielt James immer großen Abstand, reagierte auf weibliche Kritik fast hysterisch, egal worum es sich handelte. Wir ertrugen den Mundgeruch zur Stärkung der israelischen Linken und mussten James ja auch nicht küssen. Der einzige der dafür in Frage kam, der aus Kronberg entflohene schwule Sohn des Sonnenhof-Hoteliers (wo Shah Resa Palewi zusammen mit Farah Diba gastierte) – ein ausgezeichneter Koch, der den Speisezettel der WG regelmäßig mit den feudalsten 5 Gänge-Menues revolutionierte – der mochte den James partout nicht: “Also, nicht dass hier irgendjemand meint, ich wäre nicht nur schwul sondern auch noch antisemitisch ! Ich kann deinen Mundgeruch nicht ab. Eigentlich schade, weil beschnittene Schwänze mag ich am liebsten” damit war des Thema erledigt.
Peter Schneider meint, die 68er hätten sich nicht mit der Judenverfolgung, zu wenig mit dem Faschismus beschäftigt und zitiert zum Beleg auch noch den von ihm zu seinem besten Freund erklärten Rudi Dutschke, der sinngemäß gesagt haben soll: “Wenn wir uns jetzt mit der Judenverfolgung und deren Aufarbeitung schwerpunktmäßig beschäftigen, schwächt das die Bewegung gegen den Vietnam-Krieg…”
Peter Schneider stellt diese Position als den Wesenskern der 68er hin. Zumindest als einen wesentlichen Teil des Kerns. Wozu sonst bräuchte man ein solches Zitat des deutschen Ché. (Mal abgesehen davon, dass er sich auch nicht mehr dagegen wehren kann … und Peter Schneider ist für dieses Zitat auch noch der Kronzeuge: “Rudi hat mir auf meinen Vorschlag geantwortet: Wenn wir uns jetzt …). Was Peter Schneider nicht in den Sinn kommt in seinem “Wahn” ist die Überlegung, die bei Rudi Pate gestanden haben könnte: die Verlagerung des Arbeitsschwerpunkts des SDS weg von der Anti-Shah-Kampagne und den Aktivitäten gegen den Vietnam-Krieg hätte keines der Holocaust-Opfer wieder lebendig gemacht aber aktuell verhindert, dass durch wachsenden politischen Druck der Kieg in Vietnam beendet und damit Zigtausende von Menschenleben gerettet werden konnten. Ähnliches galt für den Iran. Mag sein, dass es für einige im SDS zur Zeit des “6-Tage-Krieges” und der massenhaften Vertreibung der Palästinenser vordringlicher war, gegen dieses Unrecht zu informieren und zu mobilisieren. Aber das geschah immer parallel zur Auseinandersetzung mit den Naziverbrechen.
Dass Peter Schneider mit viel Prominenz jeglicher Provenienz zusammengekommen ist, läßt er uns fast auf jeder Seite des Wahns spüren. Dass er auch für sie geschrieben hat, versteht sich von selbst. Wie er zum Schreiben für die SPD kam ? Man wurde auf ihn aufmerksam und da waren schon welche dabei, volle Kanne aus der Gruppe 47,
Grass auf jeden Fall!
Ob Höllerer auch für die SPD getingelt hat?
Schneider schrieb ab 1964 für die SPD, da war er schon so um die 25 und mindestens 8 Jahre älter als ich. Das macht einen riesigen Unterschied.
Und nicht nur an Jahren: Peter Schneider war defacto asoziiertes Mitglied des SPD-Wahlkampfstabes, in dem einer meiner engsten Verwandten saß. Helmut Schmidt bekam ihn aus der obersten Daimler-Benz-Etage von Herrn ExSS-Obersturmbannführer Schleyer ausgeliehen. Für mich, der ich erste politische Gedichte und Lieder schrieb, sie als Flugblätter verteilte und Streiks unterstützte, war diese Partei ab 1964 spätestens zur Hälfte ein Teil des Problems, das zu bekämpfen war: Der mit Stern ausgezeichnete Wahlkämpfer für FrontStadt-Willy und Schmidt-Notstands-Schnauze organisierte nicht nur Wahlkampf sondern auch die Flächenaussperrung gegen die IG-Metaller bei ihrem Streik für die “Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle”, er setzte in der für mich immer noch mit Hoffnung besetzten alten Arbeiterpartei das “Sie” als Anrede gegen das “Du” und den “Herrn” gegen den “Genossen” durch. Einen der damals noch üblichen und für alle (Verbots-)Fälle als “Nachrichtendienst” unabdingbaren Handkassierer schiss er im Hausflur zusammen, als der ihn in Mannheimer Platt begrüßte: “Isch kumm jetzat oa mol im Monat un kassier die Beiträsch. Doiner fer Auguschd is noch fällisch!”
“Was bilden Sie sich eigentlich ein? Sind wir etwa schon einmal gemeinsam die Treppe heruntergefallen? Für Sie bin ich immer noch “Sie” und “Herr Doktor!”. Der Kassierer war fertig. In der Mannheimer SPD hatte das “Sie” seinen Siefgeszug angetreten und der Bankeinzug für den Beitrag ebenfalls. Diese Modernisierung war längst überfällig.
Für eine solche Partei wollte ich – auch gegen Geld- nicht schreiben. Peter Schneider hat es getan. Da isser ehrlich. Nur bedauert er verschmitzt, dass seine Reden und Slogans nicht sonderlich häufig gebraucht wurden. Man sollte im Zweifel für der Angeklagten annehmen, dass seine Texte der SPD zu links, zu rebellisch, zu revolutionär waren.. Die, die Schneider in seinem Wahn noch zitieren kann dürften es aber nicht gewesen sein. Mit denen würde heute eine CSU-Landrätin durchfallen, weil sie nicht peppig genung wären. Huber würde sie nehmen, vielleicht auch Kurt Beck.
Beck to the roots
“Aus dem Schneider” ist ein alter guter Skatbegriff. Peter Schneider sollte seine alte Skat-Runde erneuern. Der Günter wäre sicher wieder mit dabei. Und Schneiders “Genosse Broder” könnte hinzukommen. Miersch ? Maxeiner ? Dr. Cora Stefan – die “rote Cora” im AUSS der Endsechziger und anfangs70er ? Die ganze “Achse des Guten” ? Ob Peter Schneider das Genosse vor Broder eigentlich in Anführungszeichen setzen wollte, war nicht zu erschließen. Günter Wallraf käme auch. Den sollte man nicht mit Günter Grass verwechseln, weil der ja nicht gleich wie Grass die 2. Befreiungsbombung Jugoslawiens begrüßt hat oder wenigstens die Verurteilung Milosevics ? Nö, hat er nich der Günter WallGrass. Aber die Verleihung des Heine-Preises an einen der die 2. Freibombung Jugoslawiens öffentlich angegriffen hat, die fand er falsch. Die administrative Aberkennung des bereits an Peter Handke vergebenen Heine-Preises fand Grass aus künstlerischer Sicht falsch, aber aus politischer richtig. Also Wallraf sollte unbedingt dabei sein, nachdem er mainstreammediasupported endlich aber leider wie ein toter Fisch in der Strömung die “Satanischen Verse” in einer Kölner Moschee lesen wollte, aber bisher nicht auf meinen Vorschlag eingegangen ist, mit Deschners Texten dem Kardinal Meissner im Dom zu Kölle die Leviten zu lesen.
Götz Aly und Gerd Koenen hat der Peter in seinem “Wahn” schon eingeladen. Zumindest erscheinen sie als Optionen. Bernd Rabehl ohne Fehl und Tadel, alter 68er Adel, der fehlt noch ? So weit geht er, der Peter, nun doch nicht. Rabehl soll schon Mal der JungNazi-Postille “junge Freiheit” nicht nur ein Interview gegeben haben.
Und die Allzweck-Dienstwaffe Horst Mahler? Hier wäre es doch sehr spannend gewesen, ein paar Antisimitismen in den mahlerschen Texten von 1968/69/70/71 zu finden. Macht der Peter aber nicht. Denn wenn man Mahler als schon frühen Antisemiten vorzeigen könnte, könnte das bei seiner steilen DienstKarriere ein schlechtes Licht aus die “entscheidende Errungenschaft der Moderne” werfen: das von Habermaß und von Schneider (eventuell reumütig im Nachhinein) gelobte “staatliche Gewaltmonopol” hätte hier neben der ballistischen Ausstattung der RAFin bisher unvermuteter Tradition den einizigen staatlich geförderten “Antirassismus” konterkarriert.
Peter Schneider distanziert sich von der Gewalt der 68er, hat Verständnis dafür, nennt Gründe und focussiert den Blick seiner in der Regel jüngeren Fan-Gemeinde vornehmlich aus dem diffusen Bereich der “Autonomen” ausgerechnet auf diese von den Mainstreammedien, von den staatlichen Organen immer in den Vordergrund geschobenen und von seinen V-Leuten immer wieder angeheizte mörderische und selbstmörderische Seite. Wobei das “Selbstmörderisch” nicht die Lügengeschichten der angeblichen Selbstmorde von Stammheim stüzen soll, sondern darauf hinweisen, dass der “bewaffnete Kampf” der RAF all das zumindest schwer beschädigt hat was die “68er” und die Gruppierung um Ulrike Meinhof und Andreas Baader an Positivem bewirkt und in Bewegung gesetzt haben.
Peter Schneider hat seinen “Wahn” nicht umsonst mit einer großen Denunziation der 68er begonnen. er beginnt das Buch mit den wörtlichen Zitaten aus den Frühstücksgesprächen einiger zentraler Wohngemeinschaften in WestBerlin, bei denen so nebenbei Mal die Ministerien für eine in den nächsten Tagen zu gründende Räte-Republik WestBerlin verteilt wurden.
Dass es sich hierbei nicht um eine Republik akademischer Räte handeln sollte, war wohl klar, Nur woher sollten denn sonst die Räte kommen. Mit dieser Anfangspassage verschweigt, verwischt und verschreibt er den Blick auf die damals existierenden Anfänge einer Rätebewegung, die nicht die Zusammenfassung korrumpierter sozialdemokratischer Konzernbetriebsräte war, sondern sich an der (gewerkschaftlichen und noch nicht gewerkschaftlichen) Basis entwickelten: besetzte Lehrwerkstätten, steigender Einfluss der Vertrauensleutekörper, wieder steigende Kampfbereitschaft der Belegschaften – z.B. im Kautschukstreik 1967, Tendenzen hin zu wilden Streiks gegen die Ausbremsung durch die SPD-Gewerkschaftsspitzen, verstärkte Debatten in den Gewerkschaften und Belegschaften über die Notwendigkeit politischer Streiks gegen die NS-Gesetze hauptsächlich angetrieben durch die Anti-Notstands-Kampagne der IG-Metall und hier die Verbindung dieser Debatten und Aktionen in Betrieben und Universitäten durch die Studenten der “Akademie der Arbeit”) .
Indem Peter Schneider diese Verbindung aus seinem autobiografischen Buch ausblendet – sie -da kann man ihm doch nichts vorwerfen- en passant streifend auch benennt, beiläufig garnierend erwähnt, weil sonst das 68er Ambiente nicht ganz stimmig wäre, um sie un- oder absichtlich um so besser zu verschweigen – leistet er in einer Lage, wo die studentischen Initiativen, die Antikriegsbewegung, die gewerkschaftlichen Kämpfe dringend ihre gegenseitige Isolation überwinden müssen, den Herrschenden einen unbezahlbaren Dienst. Er, der hochgeschätzte OberGuru, der nicht parteigebundene, der Querkopf und immer Wider-den-Stachel-Löcker…
schwört insgeheim ab, man merkt es kaum, so geht einem sein Erzählen über sein Scheitern mit und ohne L. unter die Haut .
Und zum Abschluss: apropos Bewegung 2. Juni, bei der auch L.gelandet ist: Thomas Weißbecker hat mit mir zusammen und vielen Ex-Staffelbergern und Leuten aus der ArbeiterSelbstHilfe 1971 in Wiesbaden ein Wohltätigkeits-”für die Hungernden in der Welt”-fressen der Haute-Volée im Speckgürtel um Bankfurt im Wiesbadener Kurhaus gesprengt und den Security-Greifern entgegen gebrüllt: “Wir werden euch nicht noch einmal den Juden machen!” .
Thomas Weißbeckers Mutter ist die einzige Überlebende einer jüdischen Familie. Ihre gesamte engere Verwandtschaft haben die Nazis in Auschwirtz vergast. Die Vorbereitungen für die geplanten Sprengstoffanschläge gegen die Börsen in Frankfurt, London, Paris, Mailand (von weiteren war keine Rede) hat er mit meinem VW-Käfer besorgt. Und er hat diese Anschlagsplanungen mir gegenüber immer ausführlöich begründet: ” Die töten mit einem einzigen Federstrich an der Börse tagtäglich Zigtausende von Menschen. Hier verrecken sie in der Akkordhetze und woanders am Hunger, an Epidemien und in den Kriegen, die geführt werden, um die Aktienkurse nach oben zu treiben – durch Waffenverkäufe, Eroberung von Rohstoffbasen und Billiglohn-InvestitionsParadiesen … ” Thomas musste mir das nicht erzählen. Ich wusste es bereits und habe andere Konsequenzen gezogen.
Thomas wurde – soweit ich mich erinnern kann – 1972 in Augsburg aus der Flucht von Hinten erschossen. Offizielle Darstellung war : der Polizei-Schütze handelte in Notwehr. Warum Thomas’ Pistole unter seinem Hemd im Gürtel steckte, als man ihn vom Bauch auf den Rücken drehte erklärte die Polizei mit seinem noch im Todeskampf unbrechbaren Willen, die Polizei als Mörder hinzustellen: er habe -bereits durch den Schuss tötlich verletzt- seine Pistole noch unter den Gürtel gesteckt und sich auf den Bauch fallen lassen.
Ich möchte mich bei Peter Schneider für dieses Erinnerungsbuch bedanken. Es hat auch viele schöne Seiten. Es kam gut kalkuliert auf den Jubiläumsmarkt und verkauft sich sicherlich nicht schlecht.
Es folgen noch einige Materialien zu einem ersten im Zorn geschriebenen Entwurf. Zu schade zum Wegwerfen: wer will kanns hier noch lesen:
Was mir bei der ganzen Nabelschau der gewendeten aber auch vieler ungewendeter 68er so unheimlich stinkt, das habe ich nach meiner Götz Aly- Rezension und der Polemik gegen Gerd Koenen erst bei der Lektüre von Peter Schneiders “Rebellion und Wahn” klar umrissen entdeckt:
im Umfeld seiner Habermas nachtrabenden Laudatio auf das Gewaltmonopol des Staates als DIE Erungenschaft der Moderne trifft er sich mit allen Spielkameraden aus dem Sandkasten wieder, mit solchen die nur Sand (auch in die Augen) und jenen die auch Steine warfen und dabei lediglich das arme Fußvolk der wirklich Gewaltigen trafen (zwischendurch auch ein paar der SandkastenmitspielerINNEN – wie es die Steinwürfe der Putztruppe häufig schafften) und auch hier auf der vermeintlich gegnerischen Seite durfte es das rekrutierte Fußvolk ausbaden – während Fischer Außenminister, DCB-EURO-Kasper und -Propagandist, Schmierer, Füchs, …wie heißt der Aufbau-Verlags-Vereinigungsgewinnler ? der Stempelfabrikerbe ? oder der angebliche Millionen an den Vietcong-Spender Tom Königs, der SchenkerChef und Ex KBW-ZK-Genosse Hager, der TAZ-Semler…. naja, du kennst die Nomenklatura ..
Mag ja alles sein: Rebellion gegen die “Konsumgesellschaft” war sicher auch ein nicht unwesentlicher Anteil am “Phänomen 68?. Nur, um es mal brechtig auszudrücken “Was ist die Festnahme bei einer demonstration gegen Springer gegen das Wechselbad von Vollcontischicht und Arbeitslosigkeit bei Springer unter langzeitgeBILDeter Dauernarkose ?”
Semler sagte bei einer arte-Debatte 1998 zum 30. Jubeljahr: es hätte vor 68 keine politischen Streiks gegeben und Cohn-Bendit nickte eifrig dazu.. Der Moderator verstärkt das ganze … Es gab eine Zeit vor 68, es gab politische Streiks gegen die Wiederbewaffnung, gegen die Teilung Deutschlands durch die Westalliierten .-.. das alles soll verschwiegen werden. Und lieber Peter Schneider , du hast im Wahlkontor dazu beigetragen.
Klar, wenn der große Bruder mich 1964 in den Wahlkampfstab des Helmut Schmidt gerufen hätte, dann hätte ich sicher auch SPD-Slogans gebastelt, Reden geschrieben, mindestens aber Plakate geklebt. statt erste zaghafte Schritte gegen die NS-Gesetze zu gehen, Streiks zu unterstützen, und die NS-Vergangenheit meiner Lehrer zu erforschen, die mich von der Schule feuerten, wegen der Streikunterstützung. Oh ja, der große Bruder hätte mich schon früh auf den rechten Weg bringen können – zwischen Professor Schiller, Walter Höllerer und Siegfried Unseld. Du schreibst von unfertigen Sachen, die du besser erzählen konntest als sie anständig zu präsentieren. Geht mir auch so. Vier, fünf begonnene, fast fertige Romane kann ich am laufenden Band erzählen, aber sie keinem Verlag vernünftig vorschlagen.
Der Unterschied zwischen uns liegt darin, dass ich vierzig Jahre mit Proleten zusammengearbeitet habe, dass mir Kriege zwischen das Schreiben kamen und ich gegen Kriege schreiben musste (und keine Volksverarschung für die SPD). Natürlich habe ich auch schon beruflich ähnlichen Dreck schreiben müssen – als Texter für Werbeagenturen – aber um Kampagnen für CDUSPDFDPNPD bin ich glücklicher Weise herumgekommen.
Ich habe auch glücklicher Weise nie vom Schreiben leben müssen, obwohl ich bei der FR Journalist werden wollte. Ich habe für die schreibenden KollegINNEN viel Verständnis, wenn sie ihre Sachen für den Markt schreiben. Nicht erst Herr Bonsel hat neben der “Biene Maja” unter Pseudonym Pornographie geschrieben, um damit Geld zu verdienen. Geschenkt! Auch Abi Melzer hat den Olympia-Verlag mit Pornos betrieben und nicht Wenige haben dort für ihn geschrieben, ich weiß es, ziemlich genau, weil ich Hilfskraft im Lektorat war……
Aber bei “Rebellion und Wahn” geht es um etwas anderes, als nur ums Geldverdienen: Dass ich bis 1961 noch Flugblätter für die CDU verteilt habe, verleugne ich nicht, ein 14-Jähriger darf noch suchen und irren.
1964 bin ich 17jährig den Reden aus dem WahlkampfKontor aufgesessen, Günter Grass hat mich in Mannheim auf die Leimrute des Frontstadt-Bürgermeisters gelockt. Auch das will ich dem Peter Schneider nicht ankreiden, dass er dort den verführten Verführer gemacht hat. Aber mit “Rebellion und Wahn” betreibst du Geschichtsklitterung – bei allen sehr schönen, ehrlichen Passagen in diesem Buch, die mich viele Details wieder entdecken lassen. Und so ein schärferes Bild der Zeit ermöglichen, als es mein zerbrochener Kopp alleine schffen würde.
Ärgerlich sind die subjektiven Schneiderschen (Selbst-)Erkenntnisse, die sofort in der Art des Präzeptors Germaniae zum allgemeinen Gesetz erklärt werden. Erinnerung zensiert ? Mag sein, dass die Schneidersche Erinnerung das tut, meine tuts bisweilen auch, aber daraus dann gleich eine Generaleigenschaft der Alt68er und aller anderen Menschen zu machen, wäre etwas anmaßend.
Vor dem in die Hose gegangenen Sturm auf die Frankfurter Hauptwache 1832 gab es 1830 im Oberhessischen nicht nur die Bauernaufstände, deren zunächst erfolgreiche Teilnehmer danach in fürstlichen Zuchthäusern umgebracht ODER ZUM AUSWaNDERN GEZWUNGEN wurden.
Gerd Koenen schreibt, die Literatur aus der SDS-Ecke sein der Humus für den Terror der 70er, der RAF gewesen. Mein lieber Herr Koenen, lesen sie doch den Valentin Senger, der beschreibt sehr eindrucksvoll in den “Buxweilers”, auf welchem Humus Räuber wachsen, brave jüdische Junglehrer zu Terroristen werden.
Diese Alt68er Spielkameraden haben wenn überhaupt, dann aus dem Fernglas, die strukturelle Gewalt & ihre massenmörderische Wirkung im Blickwinkel gehabt. Deshalb gibts das große Geschrei um die eigenen blauen Flecken, wenn der Papa mal züchtigend eingriff und “über die Stränge” zurückschlug, wenn der eigene Nachwuchs die vergleichsweise moderate strukturelle Gewalt innerhalb der herrschenden Kasten nicht mehr ertrug. Nicht die Bewaffnung der RAF machte sie gefährlich, nein, diese -ebenfalls vergleichsweise putzige Bewaffnung war viel mehr ihre Entwaffnung, ihre Neutralisierung. Gefährlich war die Gruppe um Andreas Baader, Holger Meins und zuvörderst Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin durch ihre Verbindungen zu den rebellierenden Elementen des Subproletariats und zu den sich organisierenden JungarbeiterINNEN. Und zwar nicht erst seit der Staffelberg-Kampagne. Was sich heute mit bildungsbürgerlicher Zustimmung an den Fußball-Fans austobt – bis hin zur Vorbeugehaft hat sich schon in den frühen 60ern und in der späten 50ern entsprechend formiert: die Vorbeugehaft war Bestandteil der Notstandsgesetze und wurde bereits in den 50ern gegen Demonstrationen angewendet. gegen die Schwabinger Krawalle und die Berliner WaldbühnenTumulte. In Frankfurt speziell waren sie gegen die Kameruner Rocker in Anwendung, deren intellektueller Kopf zeitweise vom offiziellen Frankfurt hofiert wurde – (besonders die Damen der Gesellschaft fanden es totchick, sich gelegentlich mit ihm blicken zu lassen, wie z.B. die Tochter des Polizeipräsidenten Littmann, die eine kurze Affaire mit Klint aufweisen konnte – oder war es nur ein gestreutes niemals dementiertes Gerücht ? So was ließ man gerne wirken.
Aber Klint war kein Fischer und die Kameruner waren keine Putztruppe, die sich durch Bürgersöhnchen kommandieren ließ. Die Suib-Proleten hatten bei den Kamerunern das Sagen – ohne dass Klint rausgemobbt wurde – Klint wurde als Sprachrohr gebraucht. Und durfte bleiben. Er wurde auch kein Außenminister. Aber ihm war es (mit)zu verdanken, dass bei der 68er Februar-Demonstration gegen den Vietnam-Krieg die Frankfurter Rocker nicht in einer Front mit den Schlagring-Prügel- und Revolver-bewehrten Taxifahrern und anderen Präfaschos standen, sondern mitmarschierten, kettenbildeten, und auch wussten wer Che, Fidel und Ho sind. Aber das kam nicht aus heiterem Himmel und auch nicht (nur) von Klint:
66/67 gab es die Dauer-Besetzung der Bundesbahnausbesserungswerkes in Frankfurt Nied durch die dortigen Lehrlinge gegen deren Schließung, für die Übernahme nach der Ausbildung, für selbstbestimmte Ausbildung – ein Fakt zu dem heute noch studentisch-akademische Legenden gestrickt werden -(so wird neben einer notalgischen Fotorevue bei indymedia die Behauptung aufgestellt, Nied sei erst durch Studenten besetzt worden. Es gab bereits 1966/67 große Lehrlingsstreiks gegen die Fahrpreiserhöhungen in Frankfurt und die Forderung nach einem Nulltarif, eine Forderung, die sich fast 10 jahre später Daniel Cohn-Bendit als angeblicher Erfinder in seinen Lorbeerkranz bindet, während Gerd Koenen sie als ökonomistisch abtut und KBW-korrekt fordert : “Keinen Pfennig mehr als bisher”. Dabei hatten die JungarbeiterINNEN aus der Sailerstraße – ihrem Zentrum – die Erkenntnisse der BIO-Freaks schon mindestens 20 Jahre vor ihnen in reale Forderungen umgesetzt: Ihre Forderungen begründeten sie damals bereits nicht nur mit der Entlastung der eigenen Geldbeutel. Sie waren damals schon gegen den Feinstaub gerichtet, bevor der erfunden war. Die Jungproleten wussten eben schon etwas früher, was eine Steinstaublunge ist, wie es sich anfühlt, wenn man erst 8 bis 12 Stunden bei der Arbeit in Abgasen steht und dann auch noch nach Feierabend. Und Urlaub im Schrebergarten mitten zwischen Dampf- und Dieselloks im Gleisdreieck oder zwischen Opelkreisel und Autobahn, das ist schon was anderes, als ein Trip in die Bretagne, Semsterferien an der Adria (mit heftigem HippyProtest gegen die titoistische Polizei )
Der Humus für jede Form von Gegengewalt sind die tagtäglich ganz normal herrschenden von außen völlig harmlos aussehenden Gewaltstrukturen: der Zwang zum Verkauf der Arbeitskraft, entfremdete – fremdbestimmte Arbeit, krankmachende Arbeitsbedingungen, Scheißlohn, Ausschluss von Lebenqualität: Bildung, Kultur, Muse, zu enge Wohnungen oder keine, Arbeitslosigkeit statt freie Zeit, Ausbeutung in jeglicher Form ….
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Und dann kommen solche Herren daher, lamentieren kiloweise über ihre unvollendete Vögelei und ihr Nichtankommen beim vermeintlichen Gegner oder ist der Wahlkontor der SPD unter SchmidtSchnauze und NotstandsWehner etwa die eigene Seite ?
Man könnte es glauben. Der FrontstadtBürgermeister, die LuftbrückenLügerei, —Schmidt, der Wehrmachtsoffizier war doch in Wirklichkeit ein Vordenker Brzsinskis: die Katastrophe als Chance: die Hamburger Flut hat die NS-Gesetze mit der Militarisierung nach innen mit Schmidt erst richtig übers Land gespült.
So wie die Kriminalisierung der Gallusviertel-”Kameruner” Rocker in Frankfurt die Vorbeugehaft “begründen” sollte, noch bevor es die “Kaufhausbrandstifter”, die “Kommunen” und sonstig Vorzubeugendes gab. Die Kameruner hatten damals ein sehr populäres Ziel: die Alte Oper sollte JugendKulturzentrum werden. Rudi Arndt wollte sie in die Luft sprengen, weil sie schon damals DER Jugendtreffpunkt und praktisch nicht mehr polizeilich zu kontrollieren war. Erst die Koalition zwischen dem nach dem Nazi-DB-Chef Abs zweitwichtigsten Ehrenbürger der Stadt, dem Zuckerschieber, Schwarzmarktchef und Kriegsgewinnler Fritz Dietz und Rudi-Dynamit – und die verSHITerung der Szene brachte den Rockerplan zu Fall. Von den Gewaltorgien gegen die Versuche auch hier im Westen die SPD und die KPD in einer sozialistischen Einheitspartei zusammenzubringen und so den Schwur von Buchenwald einzulösen, die Teilung Deutschlands zu verhindern … will ich hier erst gar nicht anfangen… dieses traurige und so lehrreiche Kapitel deutscher Geschichte wird total wegzensiert . In meinen LUFTBRÜCKEN-KOPFSCHMERZ-Artikeln habe ich Einiges dazu geschrieben.. Aber zurück nach Frankfurt – in den Kamerun:
Peter Altmann, der langjährige “Prinz” und Chef der Kameruner hat mir im Krankenhaus immer wieder gesagt: wenn ihr dran kommt, wirds für uns auch nicht anders. Immerhin haben wir als Bettnachbarn im Krankenhaus zusammen Ernest Mandels “Einführung in das Kommunistische Manifest” gelesen und besprochen, das mir Jakob Moneta ans Krankenbett geschickt hatte. (Noch heute bin ich Dahlia Moneta dafür dankbar, dass sie den Briefträger machte und nicht nur Ingrid Feltrinelli an meine Heldenbett holte). Irgendwie hatte der von einem indochinakriegs-fremdenlegionsgeschulten Krankenpfleger gequälte “Prinz” (Motorradunfall-BeckenTrümmerbruch) prophetische Fähigkeiten. Der hat damals den Fischer schon kommen sehen.
Die LieblingsFrühmorgen-Losung des Pflegers war: “Rocker kennen keine Schmerzen” und mit diesem Spruch riss er mit einem Rutsch “Prinz” das Leintuch unter dem Trümmerbruch weg. Mit ähnlichem Einfühlungsvermögen brachte der dann das frische unter den Arsch des Prinzen.
Dass daraufhin die Kameruner mehrmals den gesamten Krankenhausflügel besezten, nicht nur um mit Prinz ein paar Flaschen Bier zu trinken sondern auch den IndochinaHelden zu suchen und gleichwertig zu pflegen … Gerd Koenen würde es Terror nennen.
Für mich war es einfach nur völlig natürlich. Den Schwestern und ihren Schülerinnen wurde dabei kein Haar gekrümmt, auch den anderen Pflegern und den Ärzten nicht. Dafür sorgte Prinz vom Krankenbett aus. Im Gegenteil: es war herrlich anzusehen und zu hören, wie sich die Kameruner mit der Schwestern und Schwesternschülerinnen verschwisterten in Gesprächen über die beduingungen im Krankenhaus für die Patienten und für das Personal. Zum Verlassen des Krankenhauses waren die kameruner durch befehltonlage von Ärzten und Pflegern nicht zu bewegen. Schon gar nicht mit der Drohung, die Polizei zu rufen. Einzig die Oberschwester Maria schaffte es zusammen mit einigen Schwesternschülerinnen, die Kameruner zu überzeugen, dass es jetzt aber doch Zeit wäre zu gehen, “da ihr uns sonst die Arbeit hier noch schwerer macht!” Das wirkte. Und die Kameruner trollten sich wie fromme Lämmer: ” Adschö, bis Moin!”.
Der Versuch, Joseph Neckermann um einige Millionen zu erleichtern war wohl des “Prinzen” letzter und leider ungeeigneter Versuch an den Verhältnissen tatsächlich etwas zu verändern. etwas umzudrehen: ein sehr einprägsamer Slogan der 60er war “Wer bescheißt den kleinen Mann? Neckermann !”
“Prinz” wußte zwar nicht, dass Joschka Fischer mal Auißenminister und Joscha Schmierer sein wichtigstes Egghead wird, aber er hatte ein untrügliches Gespür, dass sich in den fron-lohnarbeitenden Klassen über Jahrhunderte herausgebildet und tradiert hat: die vorübergehend verloren gegangenen Söhne und Töchter der Damen und Herren kehren bei ausbleibenden Schecks in der Regel in den immer noch furchtbarfruchtbaren Schoß zurück.
Bei manchen dauert es etwas länger, die Schöße warten, der Moloch braucht Frischzellenkuren und der way back home wird ganz locker im aktuellsten Outfit angetreten. back to the roots …….
ob es nun der Wahlkampfkontor der Herrn Obama Bin AfterBush, Steinmeier , Roland Königs oder Tom Kochs ist oder na ja Andre Brie wird wohl nicht kandidieren, aber Gesine Schawan, das wär doch was.
Nun denn, jetzt ists doch etwas sehr lang geworden. Obwohl ich noch lange nicht fertig bin.
(P.S.: wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten oder sich daran verbessern. Der Nachdruck ist nachdrücklich gestattet, wenn auf die Quelle, die Nebenwirkungen und das copyleft hingewiesen wird. Von hoffentlich vielen kommerziellen Medien verlange ich aber Zeilenhonorar.)