Das Gedicht wurde von Oliver Augst vertont, gesungen & als CD veröffentlicht.
Als Anna Seghers Gudrun Ensslin & Ulrike Meinhof bei Münzenberg traf – barth-engelbart.de
HaBE ein Liebesgedicht für Gudrun Ensslin
Veröffentlicht am 23. Januar 2011 von Hartmut Barth-Engelbart
Für Gudrun Ensslin 1971oder 72 auf jeden Fall nach dem Brandstifter-Prozess und während ihrer Mitarbeit bei der Staffelberg-Kampagne umgeschrieben nach vielen nächtlichen Nacktbaadereien in der Frankfurter Sering-Kiesgrube. Der ursprüngliche Text (in seiner Rohform nicht mehr erhalten) war 1969 der damaligen AUSS-“Funktionärin” Christa Appel gewidmet und nach ebensolchen Nächten entstanden. (Die BILD-Zeitung hatte diese couragierte Schülerin damals über die Titelseiten gejagt als “Sündenfall”, “Sex-Appel”, “SexAppeal”, weil sie für die Verschreibung von AntiBabyPillen eintrat und Sexualaufklärung in den Schulen einforderte und Kondome propagierte und – schon damals die Pille für den Mann forderte. Nach ihrer Mitarbeit bei Günter Amendts “Kinderkreuzzug” (rororo) und bei der Amendt’schen “Sexfront” (MÄRZ) wurde sie von den BILD-Jägern komplett zum Freiwild erklärt … “Kinderverführerin” und ähnliche Titel waren dabei noch das Harmloseste, was für ihre Arbeitssuche sehr hilfreich war… Es hagelte Absagen am laufenden Band. Und es war natürlich kein Berufsverbot.
Der Ur-Text ist schon über 40 Jahre alt und ich habe ihn nur 2002 etwas umgeschrieben und mit einer Schluss-Strophe ergänzt
Das Leben ist ein Badesee
1
Das Leben ist ein Badesee
es lässt sich kaum ergründen
so lang ich noch am Ufer steh
kannst du mich ganz leicht finden
2
Mein Ufer ist ein steiler Hang
Mit starkem Hang zum Rutschen
der steile Zahn der Zeit nagt lang-
e schon mit Fletschen statt mit Knutschen
3
dem trotzend tanz ich bis zum Rand
schlafwandelnd bis zum Fallen
träum mich in deiner warmen Hand
Eindämmern, wortlos lallen
4
Ich stürze und ertrinke fast
Nur du kannst mich noch retten
Ich greife dich, nicht Lust nur Last
Und will mich an dich kletten
5
Oh lass dich in dem Badesee
Von mir nicht heilig taufen
Schlag mich bis ich den Himmel seh
Lass mich allein ersaufen
6
(dann schwimm ich durch den Ozean
ich schaff es bis Mainhattan
glotz mich nicht ungläubig an
dir nach wo Du
als Freiheits statu-
etten-
Double dich solang versteckst
Freiheitsträum & -plän ausheckst
und mich aus meinem Alptraum weckst
dem Traum verbotner Träume
7
bis ich die Psychiatie mit Dir
von Hohen Priestern ganz in Weiß
und Zwangsbejackten
räume
und etwas umgeschrieben und ergänzt
2002 mit einem Schlussvers:
Doch dann ganz unten stoß ich mich
Mit Schmackes aus der Gülle
Dann leb ich wieder, liebe (d?m?) ich
Bis an den Rand in Fülle
Ob ich dann noch der Alte bin?
Wer weiß? Vielleicht nur Hülle
Bei den Vorbereitungen der Staffelberg-Aktionen habe ich Ulrike Meinhof, Holger Meins und Jean-Marie Straub bei den Workshops und Seminaren des AUSS und des Cineastisch-literarischen Vereins (u.a. auf dem Dörnberg) näher kennen gelernt, als es darum ging, SchülerINNEN-Gruppen zu DokumentarfilmerINNEN auszubilden. Heute lacht man fast darüber, weil alles mit dem handy zu filmen ist, aber damals war es noch schwierig mit den sehr teuren aber schon recht leichten Super8-SchmalfilmKameras umzugehen, das Material zu entwickeln und zu schneiden, denn auch das musste zum großen Teil fast im Untergrund gemacht werden: keine Kopieranstalt hätte das in den Heimen heimlich gedrehte Material so durchgehen, schneiden usw. lassen. Wir mussten das alles selbst machen, hatten aber auch hie und da Freunde bei den Rundfunkanstalten, die uns halfen, die auch unsere Filme senden wollten und “Bambule” bereits gut kannten…
Die Dokumentarfilme aus Schulen und Erziehungsheimen, aus Internaten und anderen Missbrauchsanstalten – wie der Bundeswehr und den Polizeischulen, aus Jugendgefängnissen und Psychiatrischen Anstalten, Einrichtungen der Inneren Mission und der Caritas, aus Bethel und Hadamar sollten dann öffentlich gezeigt werden und die Befreiungsaktionen begleiten … bzw. die Nacharbeit mit den befreiten Jugendlichen medial absichern.. Zu diesen Nacharbeiten stießen erst die “Kaufhaus-Brandstifter” später dazu. Dabei habe ich Gudrun Ensslin kennen gelernt, die ich vorher nur aus dem Zuschauerraum jeweils bis zur Räumung des Saales im Frankfurter Landgericht kurz sehen konnte.
Es hat für ein Mitternachts- um nicht zu sagen Abendmahl im Freien gereicht. Eine Vesper wurde es nicht. Die synergetische Verdopplung unserer evangelikalen Erblasten hätte uns ertränkt.