Dass die Stadt Hanau jetzt einen Lobgesang auf den in den letzten 40 Jahren bekämpften Brückenkopf anstimmt und ihn mit dem mit 3.000,-€ dotierten Sozio-Kultur-Preis ehrt, hat mich als einen seiner Väter schon etwas gewundert. Ich musste sofort an „Der Widerspenstigen Zähmung“ denken. Ob sich die Maus mit diesem Stückchen Speckschwarte fangen und in den Main-Stream locken lässt? Das wäre ihr Untergang.
Der Brückenkopf liegt zwar nur an der Kinzig, aber die fließt nach ein paar Kilometern in den Main-Stream.
Die nächsten Jahre werden zeigen, wie weit das Bellen der Rebellen zum Kläffen von Hofhunden domestiziert wird.
Die Attraktivität dieser Vetternwirtschaft Hanauer Ex-Rebellen macht ihr Widerstands-Image aus.
Einer der Brückenkopf-Haupt-Initiatoren hat das Gastronomie-Programm der Kneipe betriebswirtschaftlich korrekt festgelegt: „Der Getränke-Umsatz ist entscheidend! Beim Essen zahlen wir drauf!“ Diesem BWL-Credo unterliegt auch das Kultur-Programm: „Wer zahlt bestimmt die Musik!“ So issses nu ma.
„Saufen für den Widerstand!“? Das war schon der Londoner Wahlspruch des im Exil zum Kneipenwirt gewordenen Hanauer 1848er Revolutions-Turners August Schärttner, den Karl Marx -ebenfalls im britischen Exil- nur „Suffkopf“ nannte.
Wie viel Platz für wie viel Widerständiges in dieser Kosten-Nutzenrechnung bleibt? Muss Kultur umsatzfördernd sein? Macht Kunst brotlos? Wer nichts riskiert, verliert? Platz für unabhängige Kultur ist gut, nur wenn unzensierte Kultur den Platz gefährdet, was dann. Ein Ritt auf Messers Schneide.
Alles nur Verschwörungstheorie? Nö!
Ein wesentlich größeres Projekt als der Hanauer „Brückenkopf“, das ich seit 1990 unterstützt habe, ist das VL-Zentrum in Halle mit großer Bühne, Restaurant mit Lehr-Küche und zwei Duzend Beschäftigten, arbeits- und ausbildungslosen Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen, Kinder-Krippe, Kita usw. gefördert durch das Arbeitsamt und die Stadt Halle. Die Programm-Gruppe der „Vereinigten Linken“ hat eine Mischung aus „Batschkapp“ und „Club Voltaire“ produziert … Das wurde den Mehrheitsfraktionen in der Stadt zu unabhängig. Folge: Drohung mit dem Entzug der Fördergelder, Kontroll-Einsätze des Jugendamtes wegen verschiedener Vorwürfe, Kontrolleinsätze des Bauamtes, der Feuerwehr, der Gewerbeaufsicht, des Gesundheitsamtes in Restaurant und Lehr-Küche: Saal-Schließung wg. angeblicher Baufälligkeit, Stilllegung eines kompletten Gebäudeteiles, Küchenschließung wg. Fund dreier Kakerlaken, Bußgelder usw. … da wurde das Programm gaaanz schnell gemainstreamt. Bereits angekündigte, in Programmen und Plakaten ausgedruckte Veranstaltungen abgesagt … einer der Höhepunkte war dabei die Absage der Veranstaltung zum 35.Geburtstages des Frankfurter ZAMBON-Verlages im Rahmen der Leipziger Buchmesse 2005 – auf Drängen des Außenministeriums. Den angereisten Künstlern des Kulturprogrammes wurde die Absage eine Stunde vor Beginn am Eingang des VL-Zentrums vom Küchenchef des Restaurants mitgeteilt. Zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel wurden schon in Leipzig auf Betreiben des Außenministerium israelkritische Veranstaltungen des ZAMBON-Verlages auf dem Messegelände administrativ behindert. Das Besondere daran? Der Gründer des ZAMBON-Verlages ist Holocaust-Überlebender.
Das alles wünsche ich dem „Brückenkopf“ nicht
Meine Einlage (neben den ungezählten Einsatzstunden bei der Einrichtung) ist genau so hoch wie der jetzt verliehene „Sozio-Kultur-Preis“ der Stadt Hanau. (Und der Oberbrückenwärter Hanns Mattes hat bei der Verleihung gesagt, ich bekäme davon keinen Cent zurück! Wie ich 1983 bei einem Brutto-Gehalt von 2.100,-DM als Tarifeur bei der DEUGRO die 3.00o,-DM aufbringen konnte, ist mir bis heute ein Rätsel. Das waren fast zwei Netto-Monatsgehälter!)
Der in Vertretung des Hanauer Oberbürgermeisters Kaminski verleihende Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri meinte, das mit der Auszahlung würde noch etwas dauern, worauf ich ihm versicherte, ich hätte Geduld und könne noch etwas abwarten. Auf die Frage, ob jetzt auch noch die Zinsen von der Stadt an mich nachgezahlt würden, blieb der Bürgermeister die Antwort schuldig. Immerhin wären das bei einer konservativen Verzinsung mit 3% erkleckliche 6.700,-€ und mit der Einlage zusammen satte 9.700,-€
Wenn ich dem eigenen Geschopf
Gerade vier Jahrzehnte rund
Ermunternd auf die Schulter klopf
So hat das seinen guten Grund
Denn mein Kind, der Brückenkopf
Kriegt nix aus keinem Fördertopf
hängt auch an keinem Start-Up-Tropf
und auch nicht ab von Großsponsoren
Er will, seit 40 Jahren ungeschoren,
nicht in deren Soße schmoren
er schwimmt nur selten mit dem Strom
bleibt so im besten Sinne autonom
wenn Schröpfungs-Damen oder-Herrn
der Fördertöpfe und der Tröpfe
die Hinter-FAZ’schen klugen Köpfe
mit ihren Essjuwies mit Stern
sich oft und gerne daran reiben
lässt er sich nicht zum Buckeln treiben
so soll es bleiben
Hugh, HaBE geschrieben am 11.11. (zur Eröffnung der 5. Jahreszeit)
Mehr zum Brückenkopf gibt’s hier:
Dem Hanauer Brückenkopf zum 40. Geburtstag von einem seiner Väter – barth-engelbart.de
HaBE “Hanauer Geschichten” im “Brückenkopf” 1. 10. 16 Uhr & 2006/7 in Kuba – barth-engelbart.de Mit Bildern aus der Kuba-Costa-Rica-Nicaragua-Lese- und Recherche-Reise
HaBE Lesung im Brückenkopf HU, meiner ‘Vetternwirtschaft’, So. 1.10. 2017 ab 16 Uhr – barth-engelbart.de mit weiteren Bildern u.a. von Ursula Behr
Der Hanauer BRÜCKENKOPF war (k)ein Himmelfahrtskommando – barth-engelbart.de
Als der DoppelKopp von der Frankfurter Rundschau Mal in den Tod stürzte .. – barth-engelbart.de diese Geschichte spielt teilweise im Brückenkopf, weil der die DoppelKopp-Stammkneipe war, keinen Steinwurf weit entfernt von der Hanauer FR-Lokalredaktion