Der folgende Artikel der DKP Flensburg – mit vielen medial unterbelichteten und verschwiegenen Fakten- benennt leider einige Gründe für die Hochwässer nicht, die auch schon in der DDR Mitverursacher waren: die industrialisierte Landwirtschaft, die Feldraine, Feldholzinseln, Auenwälder vernichtet oder extrem reduziert und mit schwerstem Gerät gigantische Flächen quasi versiegelt. Auch in der DDR wurden schon an den Oberläufen der Flüsse und Bäche die Retensionsräume zugunsten intensiver Bewirtschaftung reduziert, die Bachläufe für schnelleren Abfluss begradigt und vertieft. Das war in den 1990ern an der Mulde nicht anders als an der Helme heute. Die Missachtung Jahrhunderte alter Erfahrungen mit den Hochwasserzonen führte dort u.a. zu falschen Bebauungsplänen mit den entsprechenden Auswirkungen. Der kapitalgesetzliche „Zwang“ zur Massen-,Über- & „Schrott-„Produktion kennt keine Grenzen.
Die Katastrophe heißt Kapitalismus
In den letzten Wochen war das Hochwasser in Sachsen-Anhalt Dauerbrenner in den öffentlich-rechtlichen Medien. Der Fluss Helme, zuvor den Menschen aus dem Geographieunterrecht kaum im Gedächtnis geblieben, erlangte plötzlich deutschlandweite Bekanntheit. Die Botschaft lautete: es gab ein Rekordniederschlagsmenge, die zu einem „Land unter“ führte, und die Bundeswehr hat die Menschen vor der Katastrophe gerettet.
Nur wer zum richtigen Zeitpunkt vor Ort war, erfährt ganz anderes. Es ist richtig, dass der Fluss Helme zwischen Südharz und Kyffhäusergebirge bei Starkregen oder Schneeschmelze immer wieder über die Ufer getreten ist. Aber dank sozialistischer Planung und Leitung hatte die Deutsche Demokratische Republik zwischen 1962 und 1964 am Westrand der Stadt Kelbra einen Staudamm gebaut, der als Pufferspeicher dient und über sechzig Jahre lang auch über das Ende der DDR hinaus die Menschen zuverlässig vor Hochwasser-Überflutung geschützt hat.
Die Wirkweise des Stausees als Pufferspeicher ist einfach zu verstehen: Wenn es wenig regnet, wird der Stausee dosiert in den Fluss Helme abgelassen, ohne dass damit das Wasser über die Ufer tritt. Wenn mehr Wasser ankommt, als durch die Helme abfließen lassen kann, füllt sich der Stausee wieder auf, und dieses Wasser wird dann ebenfalls dosiert in die Helme abgelassen. Nebenbei kann das Wasser des Stausees genutzt werden, um in Trockenzeiten die landwirtschaftliche Nutzfläche zu bewässern, es leben dort viele Fische für Kraniche und Angler. Und nicht zuletzt ist er ein Naherholungsgebiet für Einheimische und Touristen, Camper, Schwimmer und Segler.
Nach dem Ende der DDR war die Landesregierung von Sachsen Anhalt für den Stausee zuständig. Das regelmäßige Ausbaggern des Stausees unterblieb, durch die Sedimente, die in den Stausee eingetragen wurden, wurde das Volumen des Pufferspeichers geringer. Dabei wäre es nicht besonders teuer, die Sedimente herauszuholen und das Material könnte gleich vor Ort dazu verwendet werden, den Staudamm zu verstärken und Deiche neu zu bauen oder vorhanden zu erhöhen.
Dann wurde im Vorjahr der Stausee zu früh und zu weit abgelassen. Zu früh im September, bevor die Kraniche sich für den Flug an Fischen sattfressen und die Angler den See abfischen konnten. Zu weit, dass etwa 8000 Fische auf dem trockenen Seegrund verendeten. Der Angelverein reichte eine Schadensersatzklage gegen die Landesregierung ein.
In diesem Jahr wurde der Stausee gar nicht mehr abgelassen. Dabei konnten die Arbeiter am Stausee schon Anfang Dezember feststellen, dass der Wasserspiegel im Stausee stetig stieg. Sie machten Meldung an ihren Vorgesetzten, der wiederum schrieb Beriefe und Faxe an die Landesregierung und bat um Genehmigung, den Stausee kontrolliert ablassen zu dürfen, zu einer Zeit, wo es noch problemlos möglich war. Die Genehmigung dazu bekam er nicht, angeblich aus Gründen des Schutzes der Kraniche, die allerdings als Zugvögel schon im November nach Süden abgeflogen waren. Noch vor Weihnachten war der Stausee randvoll. Was dann durch den Starkregen hinzukam, ließ den Stausee bis über die Obergrenze ansteigen und gelangte dann direkt durch den Überlauf in die Helme so, als wenn es gar keinen Pufferspeicher geben würde. Die Hochwassersituation war so wie in den Regenzeiten vor dem Bau des Stausees 1964. Wenn die Arbeiter des Stausees in einem Akt des zivilen Ungehorsams die Schleusen dosiert geöffnet hätten, wären sie die Helden dieses Hochwassers geworden.
Eine Katastrophe war es dennoch nicht. In der am tiefsten liegenden Ortschaft Thüringen stieg das Wasser so weit, dass das Grundwasser in die Keller drückte. In Kelbra wurden Gärten der am tiefsten liegende Riethstraße überflutet, nicht jedoch die Häuser. In Martinsrieth und Oberröblingen überflutete das Wasser die Uferwanderwege. Ehrenamtliche Helfer sicherten die gefährdeten Stellen mit Sandsäcken. Bauern, Bauunternehmen und Fuhrunternehmen stellten dafür die Fahrzeuge. Nachbarschaften organisierten sich und wollten gefährdete Häuser absichern, erhielten jedoch von den Behörden die Antwort, sie bekämen kein Material, das gehe nur die Hilfsorganisationen. Über die Freiwillige Feuerwehr konnten sie sich dann doch noch Sandsäcke organisieren.
Als die Arbeit schon fast erledigt war, kamen Politiker und baten die Bundeswehr um Hilfe. Wir haben zwar die Fahrzeuge der Bundeswehr gesehen, aber keinen einzigen Bundeswehrsoldaten bei sinnvoller Arbeit. Olaf Scholz war in Gummistiefeln gekommen. Sein Auftritt war nicht in einer Weise angekündigt, dass eine Gegendemonstration möglich war. Aber die Helfer der Freiwilligen Feuerwehr wollten ihn auch nicht hören und schalteten während seiner Rede die Sirenen ihrer Fahrzeuge ein.
Das Helmehochwasser war keine Naturgewalt, sondern Folge einer Reihe von Fehlleistungen einer Landesregierung, die im realen Kapitalismus keinerlei Verantwortung für den vorbeugenden Hochwasserschutz übernimmt. Für den Deichbau, das regelmäßige Ausbaggern sowie für das regelmäßige dosierte Ablassen des Stausees wurde kein Aufwand betrieben.
Es bleibt die Erinnerung an eine Regierung und die Arbeiter der sozialistischen DDR, die in den Jahren 1962 bis 1964 dem Hochwasserschutz große Bedeutung zumaßen und den Staudamm gebaut und funktionsfähig erhalten hatten.
SHARE THIS:
ÄHNLICHE BEITRÄGE
Rüstungskonzerne raus aus Flensburg!30. November 2020In „Abrüstung“
Aktiv für die Umwelt und gegen den Panzerbau der FFG7. November 2020In „Abrüstung“
Illegale Baumzerstörungen im Bahnhofswald20. Februar 2021In „Kommunales“Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Geschichte, Kommunales, Umwelt und verschlagwortet mit Helme, Hochwasser, Kelbra, Kraniche, Kyffhäuser, Martinsrieth, Natura 2000-Gebiet, Oberröblingen, Pufferspeicher, Südharz, Staudamm, ziviler Ungehrosam von dkpflensburg. Permanentlink.
HaBE dazu noch eine Anmerkung:
der obige Artikel benennt einige Gründe für die Hochwässer nicht, die auch schon in der DDR Mitverursacher waren: die industrialisierte Landwirtschaft, die Feldraine, Feldholzinseln, Auenwälder vernichtet oder extrem reduziert und mit schwerstem Gerät gigantische Flächen quasi versiegelt. Auch in der DDR wurden schon an den Oberläufen der Flüsse und Bäche die Retensionsräume zugunsten intensiver Bewirtschaftung reduziert, die Bachläufe für schnelleren Abfluss begradigt und vertieft. Das war in den 1990ern an der Mulde nicht anders als an der Helme heute. Die Missachtung Jahrhunderte alter Erfahrungen mit den Hochwasserzonen führte dort u.a. zu falschen Bebauungsplänen mit den entsprechenden Auswirkungen. Die „Tatorte“ kenne ich aus eigener Anschauung, von vielen Recherche-Reisen, Hilfstransporten in die Überschwemmungsgebiete, ornithologischen Studien-Reisen usw. .