HaBE eine Vorbemerkung, die aus mehreren Gründen fundiert ist: meine Vorfahren mütterlicherseits kommen aus Lettland, aus Wenden bei Riga. Mein Urgroßvater hat als Militärarzt im Krimkrieg 1853 auf russischer Seite gegen England gekämpft, erhielt dafür den untersten russischen Landadelstitel ohne von und zu und wurde danach Amtsarzt in Wenden bei Riga und blieb es auch bis weit nach den Revolutionen von 1904 und 1917, während sein Sohn dem Ruf des deutsche Kaisers schon 1903 zur „Re-Germanisierung“ & „Re-Evangelisierung“ des Elsass nach Straßburg gefolgt war.
Der Krim-Kämpfer von 1853
Der deutsch-baltisch-russische Amtsarzt um 1904
hinter seinem Haus und der Praxis (Das Haus steht heute noch) mit seiner Gattin, der hochwohlgeborenen Baronesse von Vietinghoff-Scheel, zwei Töchtern, dem ältestem Sohn, dessen Frau (rechts) und den Enkeln Paul und Louise (sie bekam zum Geburtstag 1902 noch einen russischen oder lettischen Sklaven geschenkt, „den hat Dein Großvater aber sofort freigelassen!“ Naja, es roch auch schon sehr brenzlich nach einem Aufstand der russischen und lettischen Sklaven! 1904 brannten die verhassten deutsch-baltischen Herrensitze!)
Der Straßburger „Re-Germanisierer“, le Professeur (Oberstudienrat) und Sanitätsoffizier im 1. Weltkrieg.
und sein Sohn Paul als Verbindungsoffizier zwischen Mussolini und dem „Führer-Hauptquartier“ zwischen dem Duce und dem GröFaZ Göring bei der Inspektion der Nord-Afrika-Front in Libyen. Danach Aufstieg zum Oberst im Generalstab und Quartiermeister des Nordatlantikwalles
Im SS-Programm „Vernichtung durch Arbeit“ ließ er von 20.000 russischen Kriegsgefangenen 15.000 durch die Mordsarbeit vernichten. Die Überlebenden 5.000 ließ er beim Rückzug gegen Ende Oktober 1944 liquidieren.
Leider zu spät konnte der norwegische Widerstand die JU52 des Oberst Paul Gaethgens durch Höhenmesser-Sabotage zum Absturz bringen. Der Rumpf der JU52 steht heute noch in Rondanegebirge
In der Eile des Rückzugs konnte zwar noch ein Grabstein aufgestellt werden, aber Ausrüstungsgegenstände, Knochen und Kleider lagen kältekonserviert noch Jahrelang an der Absturzstelle
Ich selbst war erst vor einigen Jahren zwecks Recherchen für einen Roman („Onkelmord“, dort bitte die NDR-Recherchen von Einar Schlereth nachlesen) und die Biografie Heinz Erhardts im Baltikum unterwegs, nachdem mir bewusst wurde, dass Erhardt direkt nach dem Auftrittsverbot für die „Comedian Harmonists“ deren Stelle im Kabarett der Komiker übernahm. Der Onkel Heinz Erhardts, Robert Erhardt (1874–1941) wurde von den West-Alliierten im „befreiten“, von der UdSSR abgespaltenen Lettland als Finanzminister der WEISSEN-Quisling-Regierung eingesetzt:
Was man wissen sollte: bis vor nicht allzu langer Zeit war neben dem Lettisch als erste Amtssprache auch Russisch Amtssprache in Lettland. 37% der lettischen Bevölkerung sind russisch-sprachig. Ähnlich ist es in Estland und Litauen. In den drei baltischen Ex-Sowjetrepubliken gibt es mit den Muttersprachen Litauisch, Lettisch und Estnisch seit der Zugehörigkeit zur EU und zur Nato erhebliche Probleme: die Jüngeren sprechen immer häufiger Englisch statt Lettisch, Estnisch und Litauisch. Stabil dagegen bleibt der Sprachgebrauch der russischen Minderheit, deren Jugendliche nun neben ihrer russischen Muttersprache statt Lettisch, Estnisch oder Litauisch zusätzlich Englisch lernen und sprechen. Die baltischen Sprachen drohen auszusterben. Da nützen auch folkloristische Veranstaltungen für EU-& US-Touristen wenig.
Remigration made in EU! – Wie Lettland knapp tausend Russen vertreiben will und sich niemand darüber aufregt
30. Januar 2024Von: Leo Enselin Allgemein, Geschichte, Politik
Mit rigiden Maßnahmen versuchen die lettischen Behörden der russischstämmigen Minderheit im Lande das Leben zu vergällen. Wer einen Sprachtest nicht besteht, dem droht die Ausweisung. Und sowohl Brüssel wie die ‚anständigen Aufständigen‘ der westlichen Zivilgesellschaft schweigen.
Wie nennt man es, wenn an die tausend Menschen einer ethnischen Minderheit, die aber rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung stellt, gezwungen werden, innerhalb kürzester Zeit das Land, in dem sie seit Jahrzehnten friedlich leben, zu verlassen, nur weil sie den erforderlichen Sprachtest nicht bestanden oder – aus welchen Gründe auch immer – gar nicht absolviert haben?
Ja, genau!
Remigration ist nicht etwa nur ein finsteres Konzept, das deutsche und österreichische Rechtsradikale clandestin diskutieren – und gegen das Hunderttausende sich selbst als anständig definierender Deutscher seit Wochen auf die Straße gehen –, sie ist in der EU bereits krude Realität! (Und zwar ohne dass sich jemand groß darüber aufregt, geschweige denn dagegen demonstriert.)
Sprachtest oder Remigration
Konkret: Fast eintausend in Lettland lebende ethnische Russen haben, wie der Deutschlandfunk am 25. Januar berichtete, gerade einen Brief der Migrationsbehörde erhalten, der sie zur Ausreise innerhalb weniger Tage auffordert. (Nach Angaben des Spiegel droht sogar bis zu 3.000 Menschen die Abschiebung.) Ihr Verbrechen: Sie verfügen, tatsächlich oder angeblich, über keine ausreichenden Kenntnisse der lettischen Sprache! Genauer: Sie haben das nicht offiziell nachgewiesen. Diese Maßnahme ist Resultat einer Verschärfung des lettischen Ausländerrechts vom Herbst 2022, die sich gezielt gegen die russischstämmige Minderheit im Lande – immerhin fast 25 Prozent der 1,9 Millionen Einwohner, viele von ihnen sogenannte „Nichtbürger“ – richtet. Sie sieht als Bedingung für eine neue Aufenthaltsgenehmigung einen obligatorischen Sprachtest vor; ethnische Russen sind zudem verpflichtet, einen Fragebogen auszufüllen, wo sie ihren Aufenthalt penibel belegen müssen und obendrein nach ihrer Meinung zur Annexion der Krim befragt werden. Kontrollmaßnahmen, die Viele an die Sowjetzeit erinnern!
Besonders hart, so die Korrespondentin aus dem Baltikum, Julia Wäschenbach, träfen diese Maßnahmen die im Osten Lettlands lebenden Russen und dort wiederum die alten Menschen: „Die russischsprachige Minderheit in Lettland ist sehr groß und im Osten des Landes ist es gar nicht nötig, Lettisch zu können! Dort sprechen die Menschen im Alltag weiterhin Russisch. Man kann da völlig integriert sein, ohne ein Wort Lettisch zu beherrschen. Dieser Sprachtest war deshalb für Viele ein riesiges Problem, vor allem für die älteren Menschen und die Leute, die jetzt ihr ganzes Leben lang in Lettland gelebt haben. Für die ist es natürlich ihre Heimat, obwohl sie nicht Lettisch sprechen und sie fühlen sich durch diese neuen Forderungen erniedrigt und infrage gestellt.“
Immerhin seien die meisten russischstämmigen Menschen in Lettland der Aufforderung nachgekommen. Bis auf ungefähr 2.500 Personen, wie lettische Medien berichteten. Die Gründe dafür seien unklar. Sei es Trotz, sei es Unkenntnis der geforderten Maßnahmen, sei es weil sie das Land schon verlassen oder sich inzwischen doch noch zum Sprachtest angemeldet hätten. Rund tausend Menschen jedenfalls seien von der Migrationsbehörde aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Nochmal Julia Wäschenbach: „Allerdings kann man nicht sagen, wieviele sich schon aufgemacht haben, das Land zu verlassen. Die müssen nämlich jetzt innerhalb von zwei Wochen erst mal entweder eine Aufenthaltserlaubnis beantragen oder um extra Zeit für die Ausreise bitten oder den Behörden Bescheid geben, wann sie das Land verlassen oder ob sie dies bereits getan haben. Wieviele also tatsächlich das Land verlassen werden, ist noch nicht klar.“
Wer Lettisch kann, ist kein Russe mehr?
Und warum dies alles?
Die offizielle Begründung sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn sie ist einigermaßen abenteuerlich. Die lettischen Behörden, so Wäschenbach, befürchteten, Putin könne die russischsprachige Minderheit in Lettland als Vorwand nutzen, um gegen das Land vorzugehen. Ähnlich habe er ja vor zwei Jahren auch in Bezug auf die Ukraine argumentiert und gehandelt.
Die lettische Konsequenz: Obligatorische Sprachtests und Verschärfung der Anforderungen für die Aufenthaltsgenehmigung oder – Remigration! Die hier besonders die Alten und sozial Schwachen treffen wird. Offenbar geht man im ersten Falle davon aus, dass Russen, die die lettische Sprache perfekt beherrschen, von Putin nicht mehr als schützenswerte Landsleute anerkannt werden. Was allerdings die zweite Maßnahme angeht, so erinnert sie frappant an die Stalin‘schen Deportationen unliebsamer nationaler Minderheiten – wie zum Beispiel der Russlanddeutschen im Herbst 1941 in die zentralasiatischen Steppen –, von denen er befürchtete, sie könnten sich im Kriegsfalle als ‚Fünfte Kolonne‘ des Feindes entpuppen …
So oder so, beide Maßnahmen dürften sich im Erstfall als wenig effektiv erweisen, sollte Putin tatsächlich wie befürchtet vorgehen. Denn einerseits ist es äußerst unwahrscheinlich, alle Russischsprachigen in Lettland im Senkrechtstart auf A2-Niveau zu trimmen. Andererseits dürften flächendeckende Ausweisungen seiner Landsleute den Herrn im Kreml vermutlich erst recht provozieren!
Sprachpolizei in Restaurants
Es geht in Wirklichkeit also offenbar darum, den Russen das Leben in Lettland so weit zu vermiesen, dass sie früher oder später ‚freiwillig‘ das Weite suchen. Immerhin sind nicht nur russische Denkmäler abgerissen worden, mittlerweile prüft, so Julia Wäschenbach, schon eine behördliche Sprachpolizei in den Restaurants die Speisekarten auf die korrekten lettischen Bezeichnungen. Kurz: Alles, was irgendwie noch an das Russische erinnert, ist nicht willkommen, was von der russischen Community Lettlands auch scharf kritisiert wird.
Und für das Verhältnis zu Russland völlig kontraproduktiv ist.
Und die EU? Hier scheint sich niemand darüber aufzuregen. (Sind ja alles Russen.) Wieder mal lassen die doppelten Standards grüßen. Und das gilt nicht etwa nur für die offizielle Politik, sondern auch für die vielbeschworene Zivilgesellschaft. Sprich, für die Hunderttausenden der ‚anständigen Aufständigen‘ bzw. ‚aufständigen Anständigen‘, die sich längst schon wieder im Schlafe des Gerechten wiegen …
Siehe dazu auch: «Loyal ist nur, wer Lettisch spricht» (in der WOZ)
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