Diese Anzeige im Gelnhäuser Boten ist kein Faschingsscherz

Oder war es der Druckfehler-Teufel, der aus der längst fälligen Geschäftsrückgabe eine „Geschäftsaufgabe“ gemacht hat?

Die Firma „Betten-Schmidt“ hatte 1998  noch im alten Geschäftshaus am Gelnhäuser Untermarkt -im Eckhaus gegenüber der Bäckerei und dem Phillipp Reis-Denkmal ihr 60jähriges Geschäfts-Jubiläum gefeiert.

Und was war da vor 60 Jahren?

Da stand bis zur „judenfreien Übergabe Gelnhausens an den Paten der Adolf-Hitler-Kasernen“, zu deren Einweihung 1937 der Führer persönlich erschien, ein Geschäftshaus jüdischer Textilhändler, dessen Eingang 1937 zugemauert wurde, noch bevor die Besitzer aus Gelnhausen vertrieben wurden. 1938, nachdem sich Gelnhausen bereits 1937 stolz zur „ersten judenfreien Stadt im Deutschen Reich“ erklärt hatte, wurde das Geschäftshaus dann endgültig „arisiert“  und dort das Betten-Haus Schmidt eröffnet. Bei den „Arisierungs-Experten“ der Dresdner Bank, der Hausbank der SS konnte man es weit unter tatsächlichem Marktwert als sogenanntes „Judenschnäppchen“ ersteigern.

So jedenfalls haben es vor einem Viertel-Jahrhundert noch „alternative“ Gelnhäuser Stadtführer-innen berichtet. Wer die Geschichte besser weiß, soll sich hier gerne im Kommentar einbringen.  Diese Stadt-Führer-innen haben auch über den Kaiser berichtet, der zur Meerholzer Grafenhochzeit 1905 einen Kaiser-Bahnhof und eine Kaiser-Toilette gebaut bekam, die heute noch stehen.
Auch eine Pracht-Straße, gesäumt von Gründerzeitlichen Wohn- und Geschäftshäusern, teilweise mit Arkaden, damit der Kaiser bei Regen und danach auch die Kundschaft beim „Shopping“ trocken blieben. Das „Lorbass“ bzw. seine Vorgänger-Kneipen wurden in diese Arkaden eingebaut.

Als Peter Joh dieses Bild im LÖWEN in Eidengesäß in den Anfangs-1990ern kaufte, hat er Ferdi Bohländer gebeten, mit mir einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Peter Joh hat mich nach der Geschichte der Häuser gefragt und dann gesagt: „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das Haus hinter dem Lorbass nicht abreißen lassen. Das Lorbass wollte ich eigentlich für das Parkhaus auch abreißen lassen. Jetzt bleibt es aber stehen.“

Die Eingangstüre zum Nachbarhaus, das dann abgerissen wurde, habe ich noch retten können: eine Mischung aus Gründerzeit-Spätklassizismus & Art-Deco. Aus dem Parkhaus wurde dann nur ein Parkplatz

Für den Kaiser wurde sogar bis zur Schmidt-Gasse eine schnurgerade Schneise in die Altstadt geschlagen, um dem Oberhaupt des heiligen römischen Reiches, deutscher Nation die Kurven durch die engen und stinkenden Gassen der Altstadt zu ersparen. Warum diese Kaiser-Schneise ab der Barbarossa-Straße dann und wann von störenden Vorbauten befreit Schmidt-Gasse genannt wurde, wissen die Gelnhäuser Götter im sogenannten „Gelnhäuser Fluidum“. Alt-Bürgermeister Michaelis musste es noch wissen. War es nach oder vor 1905?

Für die Errichtung der „Kaiser-Treppe“ musste ein Fachwerkhaus abgerissen werden. Beim Abriss erst wurde das Romanische Haus entdeckt, das zuvor mit Fachwerk umbaut war und keinen Durchlass zur Kirche hatte, höchstens einen „Schlupf“ zwischen zwei Brandmauern bis in die Gärten unterhalb der Marienkirche. Zwei Häuser weiter gibt es einen solchen Schlupf noch.

Der Kaiser erhielt auch einen eigenen Haupteingang auf der Südseite der Marienkirche, damit er nicht erst noch zwei Kurven gehen musste zum eigentlichen Haupteingang auf der Westseite, die direkt am Rotlichtviertel der Stadt lag, am Ende der Petersilien-Gasse.

Zu diesen Geschichten hat die Historikerin Dr. Christine Wittrock ihr spezielles Gelnhausen-Buch geschrieben: „Kaisertreu und Führergläubig“

Möglich wäre es schon, dass eventuell noch lebende Angehörige, Nachkommen, die noch vor der richtigen Wannsee-Konferenz sich versteckt halten und auswandern konnten, oder den Holocaust überlebt haben, sich jetzt nach fast 85 Jahren gemeldet und die Rückgabe ihres Geschäftshauses verlangt haben.

Ein Textil-Kaufmann namens Strauß, der sich zusammen mit dem OPEL-Händler und Automechaniker Blumenbach geweigert hatte, zur Unterstützung des Kapp-Putsches in eine „Bürgerwehr“ einzutreten, mit dem Argument: „In einer Organisation, in der offen antisemitische Propaganda betrieben wird, werden wir nicht mitarbeiten!“, wurde von den Gelnhäuser Faschisten schon in den frühen 1920ern mit Morddrohungen eingeschüchtert, die in Hetzartikeln des „Gelnhäuser Tageblattes“ veröffentlicht wurden: „Ihr seid die Ersten, die wir holen, wenn wir dran sind!“ Dem war dann auch so.

Sollte es so sein, dass die Schmidt-Erben jetzt das Geschäft und das alte Geschäftshaus an die Nachkommen der jüdischen Besitzer zurückgeben wollen, könnte sich der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Gelnhausen daran ein Beispiel nehmen und auch den Nachkommen des Fellhändlers Scheuer sein Anwesen in der Burgstraße 34 und seinen Garten zurückgeben

Dazu passend:

HaBE vor 6 Jahren vom Main-Kinzig-Kreis & der Stadt Gelnhausen die Rückgabe des Scheuer-Anwesens an die Nachkommen der jüdischen Besitzer gefordert. Bis heute keine Antwort von Landrat Stolz & Bürgermeistern – barth-engelbart.de

Dr. Christine Wittrock über die Region Main-Kinzig, die Gelnhäuser Burgstraße, die jüdische Familie Scheuer unter den NAZIS & wie die Rechtsnachfolger von Ex-Bürgermeister Michaelis bis Landrat Stolz damit umgehen – barth-engelbart.de

Statt Stolper-Steine Schand-Schuld-Schilder: Scheuer-Haus, Gelnhausen Burgstraße 34 – barth-engelbart.de

HaBEs offener Brief an die LINKE: Wovor habt ihr Angst in der BarbaroSS&SA-Stadt Gelnhausen? Was wird aus dem “arisierten” Haus der Scheuers ? fragt Dr.Christine Wittrock den Bürgermeister Stolz – barth-engelbart.de

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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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