Die Frankfurter Rundschau meldete am 6./7. April 2024:
SCHÖNECK-Gemeindevorstand leitet Ausschlussverfahren (aus der Freiwilligen Feuerwehr) gegen AfD-Mann ein. (siehe den Heimat-FRontschau-Artikel weiter unten). Nun könnte man ja polemisieren, dieser junge Mann sei „Feuer und Flamme“ für Deutschland und deshalb ein Brandstifter und deshalb nicht für die Feuerwehr geeignet. Was ist aber mit dem Fußballverein, dem Tennisverein, der Gewerkschaft? Haben da die Mitglieder über seine Ansichten diskutiert und seinen Ausschluss gefordert und mehrheitlich beschlossen? Oder waren es nur die Vorstände auf höherer Ebene? Droht jetzt, wenn die Vereine ihn nicht ausschließen, den Vereinen der Entzug öffentlicher Fördergelder? Wer gibt diesem Mann Arbeit? Wer vermietet ihm eine Wohnung?
Wenn in Den Haag
das hohe Gericht
die Berliner Regierung
und die der Bundesländer
schuldig spricht
der Beihilfe zum Völkermord
und dass sie Flüchtlinge
in Krieg und Dürre
Typhus, Pest und Cholera
im großen Stil abschieben
in Kriege, die sie angefangen
und selbst bewaffnet
und Hunger, dem sie noch
das letzte Brot entzogen
an Flüsse, denen sie das Wasser
abgegraben
und vergiftet haben
die Arbeitsplätze, Lebensperspektiven killen
aus ihren schon fast Gottes-Villen,
dann ist das lange
noch kein Grund
ihre kommunalen Amtsinhaber
Jugendfunktionäre
Abgeordneten
oder einfach nur
Mitglieder der GRÜNEN, SPD und FDP,
ja, auch der von CDU und Linken
die solche Politik vertreten
und durchwinken,
aus Ehrenamtsfunktionen, Vereinen
Feuerwehren, Polizei
und Bundeswehr
Betriebs- & Personalräten
Gewerkschaften
Administrativ
per Staats-
& Vorstandsakt
auszuschließen.
Der Souverän
hat zu entscheiden,
der wählt und wählt auch wieder ab,
was ihm nicht passt.
Und alles Andere
ist Willkürakt
der Obrigkeit.
Das ist schon fast …
Demokratisch wäre es dagegen, sich mit ihren Positionen offen, öffentlich auseinanderzusetzen, die Argumente sprechen zu lassen und so zu verhindern, dass menschenrechtswidrige Positionen sich in Vereinen, Institutionen, Betrieben, Büros, in Dörfern und Städten ausbreiten. Auch und besonders hier gilt: „Was verboten ist, das macht uns grade scharf!“.
Vor fast 100 Jahren gab es in unserem oberhessischen Dorf Mittel-Gründau schon Mal eine ähnliche aber vergleichsweise eher umgekehrte Situation :
im Gesangsverein „Eintracht“ (1864) wollten einige Sänger, die Mitglieder und Sympathisanten der SA waren, 1929 einem örtlichen SA-Führer ein Geburtstagsständchen vortragen. Die große Mehrheit der Sänger waren KPDler, SPDler, Zentrums-Mitglieder oder deren Sympathisanten. Die stimmten dagegen. Die SA-Männer wurden nicht ausgeschlossen. Sie schlossen sich selbst aus und gründeten einen eigenen Gesangsverein. Die Verweigerung des Geburtstagsständchens hatte für die „Eintracht“ ein jahrelanges Auftrittsverbot zur Folge.
Etliche der „Ständchen-Verweigerer“ wurden später in „Schutzhaft“ genommen, kamen in Zuchthäuser und KZs. Die SA hatte zusammen mit der SS und der Polizei bereits spätestens 1926 damit begonnen „Schwarze Listen“ anzulegen, von Allen, die sich an der Volksabstimmung über die „entschädigungslose Enteignung der Fürsten und der anderen Kriegsgewinnler“ beteiligten und/oder der SA/SS/NSDAP Versammlungsräume verweigerten. Wer 1926 das Volks-Abstimmungslokal in der Schule betrat, bekam zu hören: „Ihr seid die Ersten, die wir holen, wenn wir an die Macht kommen. Wir kennen eure Namen, wir wissen, wo ihr wohnt, wir wissen, bei wem ihr arbeitet!“, „Ihr werdet eure Arbeit los und dann wartet der Arbeitsdienst, das Arbeitslager!“ Beides wurde bereits unter Reichskanzler Müller (SPD) zu Beginn der 1930er eingerichtet. Wer nicht zum „freiwilligen Arbeitsdienst“ kam, dem wurde die „Stütze“, das Arbeitslosengeld gestrichen!
Hier ein Ausschnitt aus einem früheren Artikel zu diesem Kapitel der Mittel-Gründauer Geschichte:
Mit der Gründung der SKG (der Sport & Kultur-Gemeinschaft) 1946 durch das „Austricksen“ der US-Militärregierung wurde die politische Spaltung der Fußballer überwunden und ein sportlicher wie politischer Fehler korrigiert.
(Das „Austricksen bestand darin, das Verbot der Gründung von Sportvereinen mit der vorübergehenden Dazunahme der „Eintracht“-Sänger zu umgehen. Sportvereine waren der US-Militärregierung 1945/46 noch NS-verdächtig. „Kulturvereine“ wurden dagegen als „demokratisch-umerziehungs-nützlich“ zugelassen.)
Gegen Ende der 1920er Jahre gab es in Mittel-Gründau zwei etwa gleichstarke Fußballmannschaften in zwei Vereinen, die verschiedenen Verbänden angehörten: der Verein “Blau-Weiß” gehörte ab 1922 zum Westdeutschen Fußballverband und die Fußballmannschaft des Radsportvereines SOLIDARITÄT-Frischauf, die hauptsächlich Wilhelm Pfannmüller aufgebaut hatte, spielte im Rahmen des reichsweiten Solidaritätsverbandes. “Blau-Weiß” war mehrheitlich sozialdemokratisch orientiert, die SOLIDARITÄTS-Mannschaft mehr sozialistisch-kommunistisch. So war das Dorf auch sportlich in zwei Lager gespalten. Zusammen hätte es sicher zu mehr als nur für einen Spitzenplatz in der B-Klasse gereicht.
Dass ab 1927 den “Blau-Weiß”-Fußballern die Kirchwiesen zum Training und Spielen zur Verfügung gestellt wurden, und das Verjagen der Fußballer von gemähten Wiesen und abgeernteten Feldern des Hofgutes und die gerichtliche Verfolgung der Kicker ein Ende fanden, hängt mit der Wahl des “Blau-Weiß” Mitgründers und Aktiven Wilhelm Pfannmüller zusammen, der mit gerade 22 Jahren jüngster Gemeinde-Vertreter und auch gleich erster Beigeordneter wurde.
Mit einer SPD-KPD- Mehrheit im Gemeindeparlament wurde dem Fußball so eine Zukunfts-perspektive eröffnet.
Leider nur bis 1933.
Die politische Spaltung des Dorfes reichte nicht nur in den Sport, sie reichte auch in die Kultur. Im Gesangsverein “Eintracht” gab es Zwietracht: als es 1929 zu einer Auseinandersetzung um ein Geburtstagsständchen für einen SA-Führer kam und sich die Mehrheit der “Eintracht”-Mitglieder dagegen aussprach, trat unter Anführung des Chorleiters und Hitler-Fans Ruth eine Handvoll Mitglieder des Gesangsvereins “Eintracht” aus und gründete den Ruth’schen Liederkranz.
Da hatte sich der “Ruth’sche Liederkranz” mit seiner Null-Distanz zur NSDAP bereits abgespalten
Die “Eintracht” musste in den 20ern im “Schulsaal” proben, da der mehrheitlich aus Sozialdemokraten und Kommunisten bestehende Verein im Stammlokal der Mittel-Gründauer SA, in der Gaststätte des Metzgers und SA-Mannes Jean Kuhl nicht mehr geduldet wurde und die Gastwirtschaft des “Eintracht”-Mitglieds Otto Rödiger, der “Löwe” (dem späteren REWE/Nahkauf in der Alten Schulstraße) noch nicht fertig war.
Ab 1933 wurde es für Auftritte der Eintracht immer schwieriger, bis hin zum Auftrittsverbot. Erst als sich die “Eintracht” 1936 auf die Bedingung einließ, den NSDAP-nahen Dirigenten Ruth wieder als Chorleiter zu akzeptieren und mit dem Ruth’schen Liederkranz zu fusionieren, konnte die Vereinsarbeit wieder aufgenommen werden. Der Verein und sein Stammlokal, Rödigers “Löwe” blieben den Nazis aber verdächtig.
Wegen der Überschüttung der Mitglieder mit NS-Pflicht-Schulungen fielen immer mehr Singstunden aus, bis ab 1939 buchstäblich kein freier Ton mehr zu hören war: für viele hieß es dann nur noch: “Ruhe im Glied, ein Lied , zwo, drei …”. Für 9 Sänger war das dann auch das letzte Lied. ….