Diese HaBE-Logo-Entwurf-Skizze auf Makulatur als Illustration, da E&W und HLZ meinen Artikel nicht veröffentlicht haben
Nun ja, DIE LehrerINNen waren es nicht. Es waren die hessischen Lehrbeauftragten im Rahmen der Aktion “Kleine Klasse”. Dafür war der Streik aber große Klasse: er führte zu einem riesigen Erfolg und einige Hundert Pädagogik-StudentINNen direkt in die GEW. Zwischen Noam Chomsky und Bernstein-Oevermann, Edwin Hörnle und Anna Freud entstand nicht nur der “Praxisbezogene Studiengang”. Es entstand auch die “Staffelberg-Kampagne”, die Ulrike Meinhof mit ihrem Dokumentarfilm “Bambule” angestoßen hatte ….
Aber jetzt Mal erst alles hübsch (ja der war auch dabei!) der Reihe nach:
Der erste Streik der GEW und dann auch noch WILD !! 1971/72
dies ist eine Such-Maildung: gesucht werden Leute, die sich an diesem Streik 1971/72 beteiligt, an den erwähnten Projekten mitgearbeitet und eventuell noch Dokumente dazu haben. Der als Beiprodukt einer Roman-Recherche entstandene 68er-Artikel für die HLZ hat noch einige klärungsbedürftige Stellen.
Eine der Hauptaktivistinnen, die mit mir zusammen in der Streikleitung arbeitete, Barbara Dürk, die spätere IG-Metall und dann ver.di-Funktionärin kann leider keine Auskunft mehr geben ….
Wer sich an dieser Recherche beteiligt, kriegt von mir als Belohnung einen
Ausschnitt aus dem “Putztruppen” -Roman , einem Frankfurter 68er PolitKrimi zu lesen. oder wahlweise drei Gedichte, die ich beim Frankfurter
EUROPÄISCHEN-POESIE-FESTIVAL gelesen HaBE:
u.a. Ein U.M. geschriebenes Liebesgedicht.
Dass das Folgende erst noch ein Artikel werden soll, dürfte man/frau sehr bald merken…
Liebe Hessische LehrerINNEN Zeitung der GEW
in der Euphorie des Überzeugungstäters habe ich ganz vergessen, dass wir
damals ganz ohne die Absicherung durch Streikgeld gestreikt haben. Es gab natürlich auch etliche Lehrbeauftragte, die das nur als einen perifären Nebenjob machten und genügend Einkommen oder eine(n) Ehegatten/in mit einem solchen hatten, aber die große Mehrheit hatte buchstäblich NIX.
Außer etwas Honneffer-Modell-Geld oder Bafög, oder noch einen anderen
Teilzeit-Aushilfsjob in der Industrie, aufm Bau usw…
Liebe Redaktion !
Als Grundschulmeister habe ich bekanntlich Schwierigkeiten damit, den
Zahlenraum über dem Hunderterfeld zu beherrschen.
Aber ich versuche Mal das Unmögliche:
Eure Anforderung an mich: 10.000 Anschläge?
Da wird sich die Achse des Guten aber wundern und Schäuble zählt genau mit. Obama Bin AfterBush kriegt die basedowschen Augen nicht mehr zu.
Aber wir setzen ja nur Zeichen und machen keine Anschläge !
Der erste Streik in der Geschichte der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft 1971/72
Es hörte sich an wie ein Märchen, ein gutes, eine Sage, eine Bildungslegende: da sollte es im Schwäbischen eine Gruppierung geben- im Randbereich des SDS, die sich nach dem Picht’schen Katastrophengemälde aufmachte in die Bildungsferne der schwäbischen Alb. Von Tübingen aus, von der pädagogischen Hochschule oder dem Lehrerseminar in Reutlingen, von der Uni Freiburg noch lange bevor es die Uni Konstanz gab. “Student auf’s Land” oder “Bildung to the Bauer” oder so ähnlich hieß das. Und “euner isch dabei gwäh”, mit Namen Richard Meyer, ein frischgebackener Referendar, der in schwäbischen Dorfschulen eingesetzt wurde, auf eigenen Wunsch oder eventuell auch als Strafeinsatz. Und dieser Meyer stellte fest, dass zu bestimmten Zeiten die Bauernkinder, die Tagelöhnerkinder nicht zur Schule kamen. Und auch Gespräche mit den Eltern nutzten nichts: die Kinder mussten zuhause bleiben und mit aufs Feld Rüben vereinzeln, Kartoffeln lesen.
Und Richard Meyer stellte fest: das ganze Bildungsgelaaber nützt nichts, wenn nicht die materiellen Bedingungen geschaffen werden, die es den Kindern ermöglichen in die Schule zu kommen — oder die Schule muss zu den Kindern und deren Eltern kommen … nicht als Bußgeldeintreiber und Kopfnoten-Exekutionskommandos, sondern als Helfer.
Richard Meyer setzte sich abends mit den Eltern nach der Feldarbeit zusammen und holte sich auch einen oder zwei Maschinenbauer aus Karlsruh dazu und dann entwickelte er mit den Bauern zusammen eine Rübenvereinzelungs-maschine bis zur Serienreife.
Und während dieser Zeit kamen die Kinder schon trotz der Feldarbeit in die Schule zu dem Lehrer-Mit-Bauer und beteiligten sich an der Maschinen-Entwicklung, denn auch sie waren Experten beim Rübenvereinzeln. und es ging um ihre Zeit und ihre Zukunft. ….
Pathetisch ? Zu pathetisch? Nee !
Es war dieses Bild, das sich in Frankfurt einer ganzen oder halben Generation von Pädagogikstudentinnen einprägte. Das Bild vom anderen Lehrer und von der anderen Schule, die man eventuell aus Makarenko-Kerchensteiner- Korcak-Texten kannte, aber nicht in der fassbaren Praxis im hier und heute. Nein, keine Waldorfschulen, auch keine wie die späteren Freien Schulen. Eine von den “Unterschicht-Eltern” und ihren Kindern mitgestaltete “Arbeits-Schule”. Eine Schule, die den Muff unter den Talaren nicht nur theoretisch bekämpfte und einen Ausbruch aus dem Elfenbeinturm – auch der linken Version dieses Turmes – ermöglichte und Arbeit in Aussicht stellte, die den Widerspruch zwischen dem Beamten als Teil des Problem-Systems und dem Klientel aufzuheben schien. Scharenweise liefen bereits hoffnungsvolle Diplomanten und fast Doktoranten und entsprechende -Innen an die AFE, die Frankfurter Uni-”Abteilung für Erziehungswissenschaften” passend in einem alten Fabrikgebäude, der Dornschen Druckerei untergebracht, wo Richard Meyer so aussah, als wisse er nichts mit der Professur anzufangen, zumindest nicht mit einer hier im Frankfurt üblichen. Schon sein Erscheinungsbild war erfrischend unprofessoral, wenn er mit hochgekrempelten Hemdsärmeln heftig transpirierend und nach körperlicher Arbeit lechzend und auch schon riechend im Hörsaal schwäbelte.
Wo er seine Seminare so kollegial hielt, dass man als Student seine Professur vergaß und einfach mit ihm zusammenarbeitete, während andere noch an der Vorstellung verzweifelten, dass der Universitäts-Konvent paritätisch besetzt
werden sollte. Ein Drittel Studenten, ein Drittel Hilfskräfte und ein Drittel
Professoren (und die Angestellten und die Arbeiter, wie die Putzmänner und -frauen ? Die hatten ihren Personalrat und beim Programm der Uni nichts zu melden!).
Professor Heydorn kam von den Geisteswissenschaftlern noch am ehesten an diese Praxisnähe des Richard Meyer heran und arbeitete sich aus den Höhen der Geisteswissenschaft in die Meyer’schen Niederungen, um dort endlich Luft zu holen., wenn seine Doktoranten-Colloquien im Heydorn’schen Frankfurt-Sossenheimer Wohnzimmer bei Kaffee und Kuchen in der dünnen geistigen Hochgebirgs-Atmosphäre an Sauerstoffmangel dahinzusiechen drohten. “Wir wurden früh schon alt” !, allerdings nicht durch zu frühe Kinderarbeit, wie die schwäbischen Bauernkinder oder die Gastarbeiter-Kinder in Köln-Nippes, im Kamerun-Gallus , in Rödelheim oder im Hanauer Lamboy, wo sie schon früh in die Erwerbstätigkeit aller Art gezwungen wurden.
Unterstützt wurde dieses fruchtbare Theorie-Praxis-Bündnis auch durch
theoriegefestigte Praktiker wie Ernest Jouhy, der die StudentINNen in diesem
Studiengang als Soziologe, Psychologe und Pädagoge begleitete, ermutigte und
die “Experimente” wissenschaftlich absicherte – so wie Professor Seifert. Auch das machte uns in dieser Zeit gegenüber der schul-und gesamtgesellschafts-politischen Reaktion stärker. So wagte die hessische CDU-Spitze nicht noch heftigere Schläge.
Auch das von Jouhy mit aufgebaute Netz von Initiativen –Bürgerinitiativen, nicht nur im Bildungssektor- stand uns zur Seite.
Und gerade, weil Richard Meyer und unsere ganze Crew seine wie Jouhys
Theoreme so volkstümlich in Schulelternabenden mit hunderten von Besuchern öffentlich den Menschen nahebringen konnte, sah die CDU sehr schlecht aus.
Ihm (und uns) gelang der Verbindungsschritt zwischen den “Unterschichten”, der Linken und dem Bildungsbürgertum unter Einbeziehung der Mittel-schichten. Er vermittelte die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer praxisbezogenen, kindgerechten, Entwicklungsfreiräume gebenden Schule und die unerlässliche qualifizierte Mitbestimmung der SchülerINNEN und Eltern und Lehrerinnen in diesen Schulen. Und er tat dies in einer Weise, dass selbst das untere CDU-Klientel es kapierte und Beifall klatschte und mitarbeitete. Ganz “unideologisch”, einfach LOGISCH. Das war seine, das war unsere Stärke.
Das alles vor dem Hintergrund wachsender Proteste gegen zu volle Klassen, gegen Lehrermangel und Mangel an guten Lehrern, die nicht aus der Generation der strafversetzten Altnazis und wiederverwendeten Komissköppe stammten. Für viele Schulamtsdirektoren waren damals gerade diese gut für Bernnpunkt-Grund-Haupt und Realschulen, bevor die so genannt wurden. Denn “in die neuen Gesamtschulen können wir die nicht schicken!”
Für mich und meine StudienkollegINNen im Primarbereich waren die Gesamtschulen das Weiterführende Mekka, für das wir den Bildungs-Nachschub aus der Arbeiterklasse organisieren wollten. Die Aktion Kleine Klasse wurde schon sehr früh von verschiedenen Betriebsräten unterstützt, die dann auch die Demonstrationen meist informell mit-organisierten. Es müsste in vielen Archiven auch Flugblätter und Presseerklärungen aus den Frankfurter Betrieben zu den Forderungen der Schüler, der Eltern, der Lehrer geben.
Ich habe sie leider nicht archiviert. Aber die gewerkschaftlichen Vertrauensleute, die Betriebsräte waren zahlreich und meist ganz vorne mit dabei bei den Kundgebungen vor dem Stadtschulamt in Sachsenhausen, vor
dem Römer…. Und Rudi Arndt, wir haben dich gewarnt, (wie das damals
Daniel Cohn-Bendit zu sagen pflegte, als er noch vorübergehend als Bezugs-person in einem Kinderladen auf dem Campus arbeitete, wenn das Geld aus der Karl-Marx-Buchhandlung nicht ausreichte und ein späterer Außenminister mit Eigentumstransaktionen von einer zur anderen Buchhandlung nicht genügend Haushaltsgeld erwirtschaftete) -:
von Frankfurt ausgehend wurden die Klassenstärken an allen Schulen auf 25, 20 und weniger Kinder gesenkt. Es wurden Lehrer zusätzlich eingestellt und an der Uni organisierten wir die Koordination von praxisbezogenem Studiengang und Einsatz als Lehrbeauftragte in der Aktion Kleine Klasse. Es wurden
Lehraufträge bis zu 12 Wochenstunden geschaffen, Hospitationen durch Profs organisiert. Die Begleitseminare zusammen mit den Tutoren/innen und die (be-)greifbare Dialektik von Theorie und Praxis konnten die schönsten Blüten und Früchte entwickeln. Es entstanden unzählige pädagogische Projekte, Erstklässler bauten Spielhäuser mit Unterstützung durch Facharbeiter, es gab Betriebspatenschaften von Betriebsräten organisiert, Handwerker luden in die Werkstätten ein ….
Die Zahlen der Anmeldungen für weiterführende Schulen stiegen rapide an, die Gesamtschulen taten ihren Teil dazu und nahmen die erfreulich selbstbewußt
entwickelten Grundschülerinnen mit Freude auf.
Monatelanger Beschuss durch Quick, Bunte, Welt, BILD-Zeitung, Frankfurter
Abendpost-Nachtausgabe und FAZ waren die Folge dieser erfolgreichen
pädagogischen Arbeit zum Beispiel im Brennpunkt Zentmarkweg in Rödelheim,
im Ben Gurion-Ring Bonames.
Arnulf Borsche und Gottfried Milde von der CDU bzw. der jungen Union fuhren schwerste Geschütze auf, die CDU schickte gezielt Spitzel in den Unterricht, zu Lehrerkonferenzen. Der prinzipiell offene Unterricht wurden von CDU-Parteigängern genutzt, um Situationen zu schaffen oder herbei zu fantasieren, um die Aktion Kleine Klasse, den Praxisbezogenen Studiengang und die damit führend befassten Lehrer zu kippen.
Anfragen im Hessischen Landtag: “Statt Rechen gab es BADER-MEINHOF!”, “Mit dem Messer in die Schule” usw…
Ein besonders gut platzierter Spitzel der CDU beobachtete Hilfestellungen beim
Turnen (Aufschwung am Reck) auf dem Schulhof, um dann Anzeige wegen Kindesmissbrauch zu stellen. Besonders konzentrierten sich die Angriffe der CDU auf die Grundschule Am Biedenkopfer Weg in Rödelheim, wo die Frankfurter Kinderläden zusammen mit Renate Stubenrauch eine oder zwei repressionsarme Klassen in einer Stärke von 20 Kindern einrichten konnten, Monika Seifert, die Tochter Alexander Mitscherlichs, Renate Stubenrauch, die Tochter der ehemaligen Kultusministers Schütte, der Religionslehrer Hans Härterich, der Begründer des praxisbezogenen Studienganges Richard Meyer und last not least ich als rotes Tuch für die CDU sollten getroffen werden. Der Einsatz des Liedes vom Baggerführer Willibald des DKP-Mitgliedes Dieter Süverkrüpp wurde ebenfalls zum Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage im hessischen Landtag, das Fernsehen schaltete sich ein mit der sympathisierenden und wohlmeinenden Dokumentation “Terror aus dem Kinderladen” (Gerhard Bott vom NDR), was zu entsprechenden Reaktionen der Reaktion von CDU und Teilen der FDP aber auch der SPD führte. Die eigentlich der Sache wohlgesonnenen Leute im Schulamt und im Jugendamt (Herbert Faller & Schuldezernent Prof. Rhein z.B.) bekamen langsam kalte Füße und verboten als erstes den Einsatz des Liedes „Car-Car“ von Donovan in meiner Nachdichtung und genehmigten es dann nach einer „verkehrserzieherischen“ Korrektur, während sie den Einsatz des von der CDU inkriminierten Liedes vom Baggerführer Willibald im Unterricht sofort befürworteten.
Nicht erst heute ist mir klar, wie wir diese geballten Angriffe der CDU
abwehren und aushalten konnten. Es war die Unterstützung durch die einfachen Leute, durch die Belegschaften der Frankfurter Großbetriebe, durch die Betriebsräte, durch die Belegschaften der Rödelheimer Betriebe vom
Handwerker bis zum Mittelbetrieb, weil wir dort regelmäßig mit den Kindern erschienen, weil wir dort um Unterrichtsmaterial bettelten und vieles bekamen, weil wir offensiv mit den Eltern zusammenarbeiteten und auch nachmittags erreichbar waren.. Die Kinder kamen nachmittags freiwillig in die Schule, um dort an den angefangenen Projekten weiterzuarbeiten. Es war aber auch die
Unterstützung durch den sich konstituierenden Sozialistischen Lehrer-Bund
SLB, die Frankfurter LehrerGruppe, durch Monika Seiffert und Professor
Seiffert, durch Oskar Negt, durch Heide Berndt, durch die verschiedensten
Initiativen, die sich aus dem Konglomerat von SDS und AUSS ergeben hatten:
die Arbeiterselbsthilfe mit Luis Tratter und dem ExperimentalKino “Mal
Sehn”, den vereinigten Frankfurter Kinderläden, dem WeiberRat und dem
HäuserRat
Und gerade hier gab es eine auf die Dauer nicht zu bewältigenden Spagat: wir
waren als ÜberzeugungstäterINNEN im Einsatz, hatten (meist noch) keine
Familien zu ernähren, aber es gab immer mehr, denen das Geld einfach nicht
reichte, die durch das Eingespannt sein in den Unterricht auch keinen
weiteren Job mehr leisten konnten. Wir brauchten dringend höhere Vergütungen. Wir orientierten uns damals an den MitarbeiterInnen, den
Honorarkräften und Dozentinnen der Volkshochschulen, die für die Stunde rund 45 DM brutto erhielten. Wir bekamen in Frankfurt zwischen 10 und 15 DM und in den Städten und Gemeinden um Frankfurt nicht mehr als 10 DM.
Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig.
In der Frankfurter Bleichstraße, in der Geschäftsstelle des GEW-Bezirks
Frankfurt konstituierte sich der Streikrat der Lehrbeauftragten in Hessen
soweit ich mich erinnern kann 1972/73. Wir waren nur schlecht organisiert,
die wenigsten waren schon Mitglied in der GEW. Aber wir streikten mit
erstaunlichem Erfolg: das Honorar für die Jahreswochenstunde stieg von 10-15
DM auf 45 DM.
Wir haben in der Frankfurter Bleichstraße zur Vorbereitung des Streiks viele
Nächte durchgearbeitet, Flugblätter, Infos geschrieben und gedruckt auf
Rotaprint-Wachsmatrizen und Plakate entworfen und die dann bei befreundeten Architekten in deren Büros – also in den Büros ihrer Arbeitgeber zu Blaupausen vergrößert und vervielfältigt, die dann morgens ausgefahren, verteilt und geklebt wurden. Ohne den organisatorischen Rückhalt durch die GEW, ohne deren politische Unterstützung hätten wir als nicht sehr große Gruppe in Hessen diesen Streik nicht erfolgreich durchführen können. Und dieser Streik hat rund hundert neue Mitglied in die GEW gebracht. Was allerdings noch entscheidender ist, diese Lehrer hatten neben ihrem Studium, neben dem praxisbezogenen Studiengang eine besondere Vorbereitung für ihren Beruf erarbeitet: ein starkes Rückgrat….. an dem sich mancher Schulrat und auch viele Schulleiter die Zähne ausbeißen konnten.
Nicht zuletzt die Kultusminister, was Krollman und Holzapfel noch zu spüren bekamen. Und die Kinder und Eltern hatten mit uns verlässliche Verbündete gewonnen. Bis heute.
Notwendige Ergänzung:
DIE STAFFELBERG-KAMPAGNE mit Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gundrun Ensslin und Holger Meins
aber erst noch ne Frage ins Publikum:
liest sich der Text ein wenig wie Großvater erzählt vom Krieg ? Manchmal
schien es mir so, aber dann auch wieder nicht. Und irgendwie war es ja auch
so was wie ein low-level-Krieg, den die CDU gegen uns führte.
Und dann noch was: ich treffe zwischendurch immer wieder eine ganze reihe
meiner ehemaligen BrennpunktschülerINNEN, die vom Zentmarkweg in FFM
Rödelheim, vom Frankfurter Berg, vom Ben-Gurion-Ring und von Hausen, die aus Bruchköbel-Süd in der Kirle-Siedlung, die von der Maintal-Bischofsheimer
Villa-Kunterbunt, die vom Dunlop-Freigericht-Viertel in Hanau und die vom
Lamboy und nicht zuletzt die vom Jugendzentrum Gallus-Kamerun. Schön wie dir mir berichten, was sie alles weitertragen, was sie geschafft haben und auch
was nicht..
Gitta Düppertal hat jetzt über eine Rapper- Gruppe im Gallus in der jW
geschrieben, ohne die der Gallus schon längst brennen würde.. Das selbe gilt
für den Lamboy und die Lamboy-Kids und die Rapper aus dem Viertel: die
Platin-Playaz, darüber zu schreiben bräuchte man ein ganzes Buch und nicht
nur ne Doppelseite in der jungenWelt.
Und auch nicht ganz unwichtig: Professor Mollenhauer hat einen riesigen
Schritt aus dem Elfenbeinturm gemacht und wir waren dabei: die
Staffelberg -Kampagne, bei der alle Jugendlichen aus dieser hess(l)ischen
Kinderhölle von Erziehungsheim befreit und dann von uns in Frankfurt in
Wohngemeinschaften untergebracht, versteckt wurden bis Professor Mollenhauer offiziell die Verantwortung für dieses soziälpädagogische Projekt übernahm, es mit universitärem Segen versorgte und schützte, in dem Andreas Baader, Holger Meins, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Thorwald Proll zu Anfang auch mitgearbeitet haben.
Allein in der AUSS-Bundesvorstands-WG, der “Uhland-Kommune” hatten wir neben zahlreichen “Run-Away-Kids” aus dem Rhein-Main-Neckar-Gebiet 4 Ex -StaffelbergerINNEN aufgenommen, Schulabschlüsse nachgeholt, Berufsausbildung angebahnt usw. und von Harten Drogen ferngehalten, manche Entziehungskuren und -therapien durchgeführt (mit ärztlicher Assistenz und Unterstützung aus dem Umfeld des Sigmund Freud-Instituts) …
Klingt wie im Märchen.
War auch märchenhaft.
Bevors ein Buch wird,
Schluss jetzt.
Vor 13 Jahren hat einer der Haupt-Aktivisten der „Aktion Kleine Klasse“, der Leiter der Hanauer Volkshochschule und GEW-Pionier Fritz Reichert dazu einen sehr schönen Kommentar geschrieben:
- Hartmut Barth-Engelbartsagt: Bearbeiten
- Lieber Fritz, hoffentlich lest ihr beiden, Du und die Isolde diese Zeilen noch: ich habe mich über Deine Ergänzungen unendlich gefreut. Gerade Gestern hat mir ein wegen mehrfach Behinderung ausgeschiedener Bundesgrenzschutz-Goldfasan erklärt, was er zurückblickend an der innerdeutschen Grenze an Kameradschaft beiderseits des Zaunes erlebt hat (u.a. nachts im “Uslar-Sack” beim gemeinsamen OstWest-Abendmahl mit Hackbrötchen und “Westzigaretten”) und was er im Gegensatz zur verkitschten Landser-Romantik echte Kameradschaft nennt. Oder Kameradinnenschaft. Da habe ich immer wieder an euch beide gedacht
- Fritz Reichertsagt: Bearbeiten
- Zu deiner Frage, lieber Hartmut, ob sich das anhört wie \”Opa erzählt vom Krieg\”:
Ja, es hört sich an wie, \”Was waren wir doch für tolle Kerle\”, ebenso männliche wie weibliche. Aber es sind eben keine Kriegsgeschichten, in denen es um Sieg ging und um Herausstellung eigener Tüchtigkeit im Töten anderer.
Bei dir geht es um unser pädagogisches Tun in einer höchst interessanten Zeit. Diese Darstellung hat vielleicht auch eine Bedeutung für Historiker, die mal diese Zeit aus einer geschichtlichen Perspektive betrachten werden.
Dafür einige Ergänzungen: Die Jahre ab 1970 waren Jahre, in denen eklatante Knappheit an Lehrern bestand. Ich erinnere an die von der CDU verspottete Anzeigenkampagne von Landrat Martin Moytal in überörtlichen Zeitungen, um Lehrer für die acht (!) Gesamtschulen im damaligen Landkreis Hanau zu bekommen. Bargeld konnte er nicht bieten, aber etwa Hilfe bei preisgünstigem Wohnraum.
Auch fehlten Erzieher und Erzieherinnen in den Kindergärten des Landkreises. Mit Ernst Jouhy gelang es mir als damaliger VHS-Leiter, in der Gesamtschule Dörnigheim eine Ausbildung von ca. 20 vornehmlich Frauen zur Erzieherin zu organisieren, über die Jouhy – wie in anderen Fällen – seine schützenden Hand hielt.
Als eine der wenigen Volkshochschulen wurden ab 1971 Lehrgänge zum Nachholen aller (!) Schulabschlüsse durchgeführt. Meine Nachfolger in der Leitung der VHS Hanau haben diese Lehrgänge ab 1994 auch weitergeführt. So wurde geholfen, wenigstens in unserem Bereich die nachteiligen Folgen des dreigliedrigen Schulsystems zu mindern.
Soweit \”Opa erzählt vom Krieg\” , den Krieg gegen den Konservatismus.
Gruß
Fritz