Heute wäre Rolf Knecht 90 Jahre alt geworden. Vor fünfeinhalb Jahren ist der kämpferische Honeywell-Betriebsratsvorsitzende & Kommunist gestorben

Mit Rolf Knecht, dem Kommunisten, IG-Metaller, Honeywell-Betriebsratsvorsitzenden hatte ich damals als KBWler in den 1970ern heftigsten politischen Streit (besonders bei den Festgeldforderungen, wo er sich führungstreu auf den IGM-Vorstands-Prozentebenen bewegte und bei der Kritik an den Fehlentwicklungen des „realen Sozialismus“, die dessen Zusammenbruch letztlich möglich machten), der sich an verschiedenen Fragen auch während meines Berufsverbotes und Gewerkschaftsausschlusses von 1978 bis in die 1990er verlängerte.

Erst nach der Abwicklung erst des KBW und dann der DDR kamen wir uns politisch so nah, dass Rolf anlässlich einer Griechenland-Benefiz-Lesung im Hanauer DGB-Jugendheim meiner politischen Lyrik Beifall zollte: „Ich habe Deine Texte gelesen und es war nicht einfach. Aber jetzt, wenn Du sie vorträgst, verstehe ich sie besser und sie sind echt stark!“ … „Den Brecht hab ich nie leiden können und Du schreibst oft wie er. Aber deine Sachen finde ich besser.“ Bei den Streiks bei MAREDO, GATEGOURMET, VAC, Thermo-Fischer, Triton, DEMATIC, ATLAS, ABB, bei der DB usw. entstandene Lieder & Gedichte – barth-engelbart.de

Das nach einer Lesung zu hören, ist schon kaum zu übertreffen. Aber es von Rolf Knecht zu hören, war noch ein paar Schippen obendrauf.

Heute wäre der langjährige Vorsitzende des Betriebsrats bei Honeywell in Maintal 90 Jahre alt geworden. Es gäbe viele, auch persönliche Gründe über sein bemerkenswertes Leben zu berichten. Jedoch besser als dieser Artikel von Ellen Weber über den Abschied von Rolf Knecht aus dem Betrieb kann man es kaum beschreiben. Auch wenn er sich danach weiter aktiv engagierte. Doch lest selbst.

Betriebsratsvorsitzender Rolf Knecht: „Aussperrung ist Terror“

Nach 35 Jahren in den Un-Ruhestand

Es begann vor 35 Jahren. Ein 26 Jahre junger, linker Gewerkschafter wurde zum Betriebsratsvorsitzenden der Honeywell
Regelsysteme GmbH in Maintal gewählt.

Es war Rolf Knecht, er war seit seiner Lehre als Gewerkschafter aktiv und errang sehr schnell das Vertrauen seiner Kolleginnen und Kollegen. Seine Partei, die KPD, war seit 1956 von Adenauer verboten. Der junge Metaller machte aus seiner Weltanschauung kein Geheimnis. Beides – sein aktives gewerkschaftliches Engagement und seine sozialistische Überzeugung – führten dazu, dass die Geschäftsleitung Rolf Knecht gegen alle Gesetze entließ.

„Kein Geld – meine Wiedereinstellung“

Der junge Betriebsratsvorsitzende hielt mit Unterstützung seiner Gewerkschaft IG Metall die Betriebsratssitzungen außerhalb des Betriebes ab und kämpfte mit einem Arbeitsgerichtsprozess für seine Wiedereinstellung. Zwei Jahre versuchte die Geschäftsleitung, den unbequemen Betriebsrat loszuwerden. Am Ende des Prozesses schlug sie eine hohe Abfindungssumme vor. Rolf Knecht lehnte diese ab: „Kein Geld – meine Wiedereinstellung“. Er erreichte mit der Unterstützung seiner Kolleginnen und Kollegen und seiner Anwälte dieses Ziel. Mit Befremden stellten die Herren der Geschäftsleitung damals fest, dass mit Geld nicht alles zu haben ist.

Dass der Vorstandsvorsitzende der Honeywell GmbH nach 35 Jahren zu Ehren Rolf Knechts für Vietnams Kinder, für die Obdachlosenhilfe und für die Behindertenhilfe 50 000 DM spenden würde, hätte damals niemand gedacht. Doch der Reihe nach.

„Verlasst Eure Arbeitsplätze!“

Es war schon ein seltsames Flugblatt, das am 28. Mai dieses Jahres vor den Toren der Honeywell Regelsysteme GmbH in Maintal und im Betrieb verteilt wurde. „Kein Warnstreik“ hieß es dort, aber: „Verlasst Eure Arbeitsplätze zu einer Abschiedsversammlung in der Kantine. Mit dieser Versammlung, von der die Arbeitgeberverbände und Gesamtmetall nichts wissen, die aber von der Geschäftsleitung unterstützt wird, verabschiedet sich die Belegschaft von Rolf Knecht, ihrem langjährigen Betriebsratsvorsitzenden, Konzernbetriebsratsvorsitzenden und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.“

In der überfüllten Kantine ging dann eine Ära zu Ende. Als Betriebsratsvorsitzender, streitbarer Metaller, als Mitglied der Ortsverwaltung der IG Metall Hanau, als Mitglied der Großen Tarifkommission hat Rolf Knecht Jahrzehnte lang engagiert Gewerkschaftspolitik gemacht. Mit überwältigenden Mehrheiten wurde er von seinen Kolleginnen und Kollegen immer wieder in die gewerkschaftlichen und betrieblichen Gremien gewählt. Aus seiner kommunistischen Weltanschauung und seiner Mitgliedschaft in KPD und DKP hat er nie einen Hehl gemacht. Wegen seiner Haltung war er überall ein geachteter und gefragter Gesprächspartner.

„Mit Rolf Knecht Streit zu bekommen, musste man sich nicht bemühen“

Zum Abschied aus dem Amt des Betriebsratsvorsitzenden sang ein dafür gebildeter Betriebschor unter anderem das alte Arbeiterlied „Avanti Popolo“. Rolf Knecht wurde von seinem Nachfolger im Betriebsrat, dem Kollegen Eberhard Schüttpelz, mit einer kämpferischen Rede verabschiedet. Rolf Knecht sprach noch einmal von den Lehren aus seinem langen gewerkschaftlichen und politischen Kampf.

Der morgendliche „Warnstreik“ in der Kantine mündete am Nachmittag des 28. Mai in den Empfang der Geschäftsleitung. Dort galt die Ehrung dem „stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden und Konzernbetriebsrat Rolf Knecht“. Neben den Herren des Vorstandes sprachen der Bezirksleiter der IG Metall Frankfurt, Karl Kronawitter, der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Reuter und der Landrat des Kreises Hanau, Karl Eyerkaufer. Alle Redner waren sich einig: „Mit Rolf Knecht Streit zu bekommen, mußte man sich nicht bemühen“. Konsequente, knorrige Typen würden immer weniger. Die IG Metall wäre ohne Rolf Knecht ärmer gewesen.

Der Landrat des Kreises Hanau erinnerte daran, dass ihm in den 70er Jahren eine positive Aussage über den Kommunisten Rolf Knecht, die er im Rahmen einer Podiumsdiskussion gemacht hatte, den Weg zum Schulleiterposten verbaut habe. Eine Aussage, die Rolf Knecht in seiner Abschiedsrede dazu veranlasste zu sagen, offenbar habe das System der Bespitzelung in der BRD auch ohne einen Erich Mielke funktioniert.

„Sozialem Frieden nie getraut“

Witzig und konsequent verteidigte Rolf Knecht in einer Abschiedsrede vor den Ehrengästen seine betriebliche, gewerkschaftliche und politische Arbeit. Er betonte, dass alle Erfahrungen seiner 35jährigen Arbeit als Betriebsrats-vorsitzender seine Gegnerschaft zum kapitalistischen System vertieft hätten. Dieses System könne die Probleme, vor denen die Menschheit stehe, nicht lösen. Er habe auch in den guten Jahren der Konjunktur dem sogenannten sozialen Frieden nie getraut und fühle sich heute bestätigt. Das mache ihn kämpferisch und nicht resignativ. Besonders der große Metallarbeiterstreik 1984 habe den Weg gewiesen, den engagierte Gewerkschaftsarbeit auch heute gehen müsse.

50 000 DM für Vietnams Kinder, die Obdachlosen- und Behindertenhilfe

Es ist nicht alltäglich, dass Konzernvertreter und von diesen geladene Ehrengäste solche Reden hören. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass Vertreter der Geschäftsleitung dem aus seiner Arbeit scheidenden stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden ins Stammbuch schreiben, dass ganze Managergenerationen sich beeindruckt gezeigt hätten von Rolf Knechts prinzipiellen Positionen, von seiner taktischen Positionierung und von seinem rhetorischen Repertoire. Bei der Auseinandersetzung mit ihm sei nie Platz für Zimperlichkeiten gewesen.

Da Rolf Knecht, wie in 35 Jahren bestätigt, keine persönlich ehrenden Geschenke angenommen habe, hat der Vorstandsvorsitzende der Honeywell Regelsysteme GmbH Maintal am Ende der eindrucksvollen Veranstaltung Rolf Knecht drei Schecks überreicht: 25 000 DM für die Kinder Vietnams, 12 500 DM für die Obdachlosenhilfe in Hanau und 12 500 DM für die Behindertenhilfe.

„Ein Lotse geht von Bord“ hieß es in der Tagespresse in Hanau. Alle hoffen, dass der Ruhestand ein Un-Ruhestand wird und Rolfs temperamentvolles politisches Engagement für alle noch lange erhalten bleibt.

Die DKP schließt sich den guten Wünschen für das Mitglied des DKP-Parteivorstands und seines Sekretariats Rolf Knecht an.

Ellen Weber

(damals stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Kommunistischen Partei

in „Unsere Zeit“ vom 9. Juli 2006

Dieser „Nachruf“ Ellen Webers, macht meinen überflüssig

Die Unbeugsamkeit und Unkäuflichkeit Ellen Webers, Erwin Eckerts, Emil Carlebachs, Kurt Trautmanns, Sepp Sigullas hat mich mit Rolf Knecht verbunden, trotz aller politischer Differenzen, die wir immer offen ausgetragen haben.

Vor 20 Jahren starb mein Freund & Genosse Emil Carlebach, mit dem ich zusammen mit Ellen Weber & Kurt Trautmann wegen der Sprengung einer NPD-Versammlung im Cantate-Saal 1968 wegen Land- & Hausfriedensbruchs, Widerstands gegen die Staatsgewalt & Beamtenbeleidigung angeklagt wurde – barth-engelbart.de

Sepp Sigulla hat immer die Basis gestärkt – barth-engelbart.de

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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