Ein verhinderbarer Mord, viele Fragen an Landrat & Bürgermeister & nach 3 Jahren immer noch keine Antwort aus dem Main-Kinzig-Forum Gelnhausen? Was brachte der Untersuchungsausschuss oder gab es keinen?

Niaz ist tot. Sein Mörder von Security & Gemeinde-Mitarbeitern überwältigt? Stolze Leistung! Offener Brief an Landrat & Bürgermeister:

                         Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft
                         Schulstr.6

63538 Großkrotzenburg
An
Landrat Thorsten Stolz
Postfach 1465
63569 Gelnhausen
und an
Bürgermeister Thorsten Bauroth
Bahnhofstraße 3
63538 Großkrotzenburg
Großkrotzenburg, 19.1.2021


Unser Mitbewohner Niaz ist tot.

  • Offener Brief

  • Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bauroth,
    sehr geehrter Herr Landrat Stolz,

  • Unser Mitbewohner Niaz ist tot. Er verblutete am Mittwoch Abend, nach einem Messerangriff vor der Fluchttür in unserer Unterkunft. Niaz war jeden Tag mit uns, ein ruhiger und freundlicher Mensch. So kurz nach der Tat sind wir fassungslos, dass er nicht mehr bei uns ist. Wir trauern um einen Freund, wir trauern mit seiner Familie.

  • Wir sind auch wütend. Denn wir fragen uns, ob Niaz Tod zu verhindern gewesen wäre.

  • Erst jetzt haben wir aus Zeitungsberichten erfahren, dass der Täter, bevor er zu uns nach Großkrotzenburg geschickt wurde, eine lange Haftstrafe abgesessen hat. Die Haftstrafe bekam er weil, er einen Mitbewohner in einer Gemeinschaftsunterkunft in Maintal ebenfalls durch Messerstiche
    fast getötet und schwer verletzt hatte.

  • Niemand hat uns vor der Gefährlichkeit dieses Mannes gewarnt, mit dem wir aber dieselbe Unterkunft und das heißt dieselben Flure, manche dieselbe Küche und einer von uns sogar sein Schlafzimmer teilen mussten. Man hat ihn einfach hergebracht und wir mussten damit klarkommen.
  • Der Täter spricht weder deutsch noch englisch und in unserer Unterkunft gibt es kaum jemand anderen, und in seinem Flur niemanden, der dieselbe Sprache spricht wie er. Er verhielt sich bereits seit Monaten psychisch auffällig und bedrohlich gegenüber anderen Bewohnern. Er hatte immer ein Messer bei sich.

  • Wir haben uns mehrmals an den für unsere Unterkunft zuständigen Asylbetreuer und seinen Vorgesetzten gewandt und vor dem Täter gewarnt. Wir haben gesagt, dass wir in ihm eine Gefahr sehen und dass wir so mit ihm nicht leben können. Wir haben auch mit unserem Asylbetreuer darüber gesprochen, dass der Täter mit dem Messer umgehen kann und deshalb gefährlich ist.

  • Das wurde nicht ernstgenommen.
  • Sie sagen jetzt nach der Tat, sie hätten nicht gewusst, dass er wegen versuchtem Totschlag vorbestraft und gefährlich ist. Wir fragen uns:
  • Wer entscheidet, dass ein Mann, der wegen schwerer Gewalt in einer Gemeinschaftsunterkunft vorbestraft ist, nach Haftentlassung wieder in einer Gemeinschaftsunterkunft unterzubringen?
  • Wer muss über eine solche Entscheidung informiert werden?
  • Wieso wurden unsere Warnungen nicht ernst genommen?
  • Und wer ist verantwortlich zu entscheiden, jemanden aus einer Gemeinschaftsunterkunft zu entfernen, bevor es zu Gewalttaten kommt, wenn sich andere Bewohner bedroht fühlen?
  • Wer trägt die Verantwortung für die Folgen?

  • Niaz verblutete vor der Fluchttür. Er versuchte vor dem Täter zu fliehen. Es gelang ihm nicht, da diese Fluchttür bereits seit langem defekt ist und sich verklemmt. Er hat es nicht mehr geschafft die Tür zu öffnen und wurde vor dieser Tür tödlich getroffen.

  • Wir fragen uns:
  • Wieso war diese Fluchttür defekt und wurde über eine lange Zeit nicht repariert? Eine Fluchttür, die auch im Falle anderer Notfälle für unser aller Leben von Bedeutung sein kann.
  • Könnte Niaz noch am Leben sein, wenn er durch diese Tür hätte fliehen können?

  • In der Zeitung haben wir gelesen, der Täter sei von Securities oder von Mitarbeitern der Gemeinde überwältigt und festgehalten worden.
  • Das ist nicht wahr.
  • Es gab keinen Sicherheitsdienst in unserer Unterkunft und es war auch kein Mitarbeiter der Gemeinde zu diesem Zeitpunkt da.
  • Den Sicherheitsdienst gibt es erst seit Donnerstag. Die Tat ereignete sich einen Tag vorher, am Mittwoch.

  • Es waren mehrere Bewohner, die den Täter überwältigten.
  • Es waren die Bewohner, die den Notruf gewählt und damit Polizei und Rettungskräfte alarmiert haben.
  • Es waren auch wir, die Bewohner, die Niaz gehalten haben, während er gestorben ist, bis die Rettungskräfte eintrafen und nur noch seinen Tod feststellen konnten.
  • So wie es auch wir sind, die nun aufeinander achten und füreinander da sind, denn viele von uns wurden Augenzeugen dieser Gewalttat.
  • Wir wissen was an diesem Abend geschah, denn wir waren da.
  • So wie wir immer da sind, weil wir da sein müssen.

  • Wir fragen uns:
  • Wieso erkennt man nicht an, dass wir es waren, die in der Situation reagiert haben?
  • Wer hat etwas davon, so zu tun, als könnte ein Sicherheitsdienst das Problem nachträglich lösen?

  • Wir brauchen Antworten auf unsere Fragen.

  • Wir wollen, dass die Verantwortlichen die Verantwortung übernehmen, für das was geschehen ist.

  • Wir werden Niaz nicht vergessen.

  • In tiefer Trauer

  • Unterschriften von 38 Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft liegen im Original vor

HaBE trotz eurer und meiner Trauer doch noch eine Nachbemerkung:

durch meine jahrzehntelange Arbeit mit kriegstraumatisierten Kindern, (als Streetworker, nachbarschaftshelfer, Jugendzentrumsleiter, Grundschullehrer und Fluchthelfer) weiß ich auch, welch hoher Prozentsatz traumatisierter Eltern und älterer Geschwister sich unter den Kriegsflüchtlingen befindet.

Diese Kriegs- und Folteropfer in enge Gemeinschaftsunterkünfte zu sperren, in einem reichen Land, in dem Rüstungsunternehmen wie Krauss-Maffei, Heckler & Koch, Mercedes-Benz, VW-MAN usw. Milliarden Profite aus den Waffen- und Kriegsmaterial-Lieferungen scheffeln, in Kriegsgebiete, aus denen die Menschen dann auch vor deutschen Waffen fliehen müssen, das muss man als Folgeverbrechen bezeichnen.

Diese Menschen gehören in medizinisch-psychologische Behandlung. Auch der Mörder von Niaz ist ein Kriegsopfer. Der gehört nicht in den Knast! Wo er dann noch Mitgefangene gefährdet. Der braucht psychologische Hilfe. Und die Behandlung von Kriegsopfern muss von denen bezahlt werden, die an diesen Kriegen verdient haben. Über das, was sie wirklich verdient haben, will ich hier gar nicht erst anfangen.

Wer das nicht deutlich öffentlich sagt, der macht sich mitschuldig an faschistischer Pogromhetze und nimmt in Kauf, dass mit weiteren solchen Verzweiflungstaten die Pogromstimmung weiter angeheizt wird.

Den Tod eines jungen Menschen vor unserer Haustüre sehen wir und sind einige Minuten echt betroffen. Die Tausende Tode in den Kriegsgebieten sehen wir, wenn überhaupt, als Sensationsbilder in den TV-Nachrichten, wenn sie in den Mainstream der News passen. Wir sehen sie als Statistiken. Und wir WERDEN abgestumpft, bis wir abschalten. Uns wird ein Ohnmachtsgefühl eingetrichtert: “Wir können da eh nichts dran ändern!” Unseren hohen Herren und hohen Damen passt es, wenn wir resignieren. So können sie ziemlich ungestört ihre Kriege weiterführen und die nächsten schon vorbereiten. Mit weiteren Zwangsnomadisierungen und Flüchtlingsströmen ins Mittel- und andere Meere ….

Es stimmt, so lange sich da nichts grundlegend ändert, solange wir da nichts grundlegend ändern, können wir nicht Allen helfen. Aber wir können doch schon wenigstens denen helfen, von denen wir wissen:

Rema war und ist ein Kriegsopfer. Es grenzt an ein Wunder, dass sie überlebt hat, nachdem sie aus Deutschland abgeschoben wurde, ihr die “Duldung” entzogen wurde, sie vergewaltigt ein Flüchtlingslager und die Geburt ihres Kindes überlebt hat, sie mit dem Kind auf dem Arm die über 1300 Kilometer bis nach Kampala packte und dort mit ihrem Kind Malaria und Typhus überlebte.

Jetzt wird in Uganda nach den Wahlen anscheinend der Lockdown etwas gelockert und die Kinder können wieder in die Schulen. Können? Na ja, sie müssen eine kostenpflichtige Prüfung ablegen, um zu entscheiden, ob sie auch geeignet sind für die Wiedereinschulung. Rema hat durch den Lockdown ihre Arbeit als Fruchtsaft-Straßenverkäuferin verloren und jetzt fehlt das Geld nicht nur für die Schulaufnahme-Prüfung. Während des Lockdown musste Rema eine Privatlehrerin bezahlen, damit ihr kleiner Nasser den Anschluss nicht verliert. Das konnte sie aber nicht lange und hat es dann selbst gemacht.

Jetzt muss sie ihn kostenpflichtig prüfen lassen. Man merkt schon, dass nicht nur USAIDs in Uganda wütet. Die Privatisierung der Sozialstrukturen schreitet schnell fort über weitere Leichen. Nasser soll wieder in die Schule!

Dafür nehme ich jeden Kleinbetrag an Spenden entgegen: entweder über den PayPal-Spendenknopf hier rechts oben oder auf mein Konto bei der VR-Bank Büdingen-Main-Kinzig   IBAN: DE66 5066 1639 0001 1400 86

unter dem etwas langen Kennwort: “No more Homeschooling!”. Wer es gerne etwas kürzer hat , kann auch “Schooling” schreiben. Oder das phonetisch für Hörgeschädigte etwas verfängliche deutsche KENNWORT: “Nassers Schulgang”

Wer mehr zu Rema und ihren kleinen Nasser wissen will, kann dort nachlesen: Rema, die Ex-Schülerin der Hanauer Gebeschus-& Hessen-Homburg-Schule und ihr kleiner Sohn Nasser brauchen Hilfe in Uganda. – barth-engelbart.de (barth-engelbart.de)

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

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Kommentar zu „Niaz ist tot. Sein Mörder von Security & Gemeinde-Mitarbeitern überwältigt. Stolze Leistung! Offener Brief an Landrat & Bürgermeister:“

  1. Conny Wellersagt: BearbeitenEin wichtiger Beitrag zum Perpetuum der Gewaltspirale, Harmut!
    Allerdings wird er von denjenigen, die die politischen Entscheidungen zum Umgang mit Migranten und der Erichtung eines menschenwürigen Lebens für Geflüchtete, wohl kaum gewürdigt.
    Wir brauchen selbstverständlich humanitäte und finanzielle Unterstützung, aber völlig neue, andere Massnahmen um Gewalt- und Tötungsfälle wie den geschilderten sich nicht wiederholen zu lassen!

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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