Den Löwenzahn der Zeit, der Marmorstein, Beton und Eisen bricht, HaBE ich bei Herbert aus Hamburg geklaut
Foto: Narges: „Unter dem Pflaster liegt der Strand“
Und bei der Wegwarte möchte ich um Entschuldigung bitten dafür, dass ich mein Mobil-Kabarett-Programm als Social-Distancing- und Maskenkontrolleur „Aufmarsch der Wegwarte“ genannt habe. Auf Gehwegen, in Fußgängerzonen, auf Radwegen usw …. wo ich mich als up-gedateter Blockwart vorstelle: „Wir haben aber auch Platzwarte, Hallenwarte, Krankenwärter, Bahnhofswärter, Strandwarte, Sternwarte, Tankwarte, Friedhofswärter, Schrankenwärter und Wartehallen, Wartezimmer, Warteschleifen …“
Ein von mir nachgedichtetes Gedicht des Venezianischen Fabrik-Dichters Ferruccio Brugnaro
Blumen blühen im Beton
März .
Unkraut – Blumen
wachsen überall in der Fabrik
Wo sie ein wenig Erde fanden.
Aus den gräulich schwarzen Streifen
Blühn die kleinsten
Leuchtend bunte Farben
In den Fugen
Zwischen Wand-und Bodenplatten
aus Beton. Die schönste streckt
ihr Köpfchen
durch Plastikabfall-Eisenspäne
ins Licht. Es ist einfach
wundervoll. Der Frühling hat in diesen Tagen
das Leben bis in die Fabrik getragen
voller Kraft mit allen seinen Freuden
((bei der letzten Zeile wollte ich unbedingt auch den leisesten Anklang von „Kraft durch Freude“ vermeiden.))
Einige Lesungen wünsche ich mir noch vor meinem 70.: in Kalamata, im historischen Stadion oder im Theater von Messene, in Distomo und Kalavrita, Athen und Monemvasia und in Thessaloniki: zusammen mit Titos Patrikios, auch weil unsere zweite gemeinsame Lesung -die erste beim 1. Europäischen Poesie Festval in Frankfurt – in Kalamata ausgerechnet an einem Streik des öffentlichen Dienstes gescheitert ist, und die in Athen wünsche ich mir zusammen mit Manolis Glezos und Mikis Theodorakis, auch wenn ich da nur einen Sechszeiler für Jannis Ritsos beitragen darf…
Zusammen mit Ferruccio Brugnaro, dem italienischen Fabrikdichter würde ich gerne in einer Fabrikhalle in Mestre bei Venedig lesen. Und die italienische Freundin Titos Patrikios würde ich bitten, meine Texte ins Italienische zu übersetzen, so wie sie seine aus dem Griechischen ins Deutsche und Italienische übersetzt hat – bei der Lesung beim 7. Europäischen Poesie-Festival im Café WIESENGRUND.
Ich bin der Meinung, dass lineare Übersetzungen nicht die Bilder herstellen in den Köpfen der Lesenden/ Hörenden, die der Dichter im Original mit seinen Worten intendiert. Es braucht Nachdichtuingen von Menschen, die in den jeweiligen Kulturkreisen ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie der Dichter selbst. Wer nicht den Druck der Akkordhetze erlebt und überlebt hat, wer nicht gefoltert wurde, wer nicht im Knast gesessen hat, wer niemals aus dem Blechnapf fraß, der kann entsprechende Prosa wie Lyrik nicht richtig übersetzen…besonders, wenn er die Texte nur technisch-linear übersetzt.
Lieber Titos, lieber Ferruccio, lieber Mikis, lieber Manolis, schreibt mir, sagt mir wann und wohin ich kommen, fliegen soll … ich lasse dafür alles stehn und liegen
Ausgerissne Wurzeln
Hinterlassen
Uns die Hoffnung
Dass ihre kleinsten Reste
Unterirdisch
übersehen
Überirdisch
Neu aufkeimen
Trotz Pflaster
trotz Asphalt
und raubt uns der Beton
auch unsre Herzen
zementiert uns den Verstand
sehn wir, wie trotzalledem
die Rollbahn aufbricht
die kleinsten Blumen kämpfen sich zum Licht
die Betonierer unterliegen
die Blumen werden siegen
tief unterm Pflaster
liegt der Strand
Geschrieben 13.11. 2024 (die Parole haben uns die Kriegstreiber Fischer und Cohn-Bendit gestohlen. Wir müssen sie uns wieder holen.)