„Vielleicht ist noch was zu retten, wenn 4.000 Schüler und Eltern und die Lehrer vors Rathaus und das Main-Kinzig-Forum ziehen, die Schwimmvereine, die DLRG … Wir dürfen nicht warten bis der Schulsport Baden geht. Wir müssten Unterschriften sammeln, eine Volksabstimmung fordern!“ (eine Gelnhäuser Mutter zweier Schulkinder zur Zukunft des Hallenbades)
Der Main-Kinzig-Kreis lässt mit seinem schrittweisen Rückzug aus den Hallenbad-Zweckverbänden in Maintal, Nidderau, Schlüchtern und Gelnhausen den Schulsport Baden gehn. Außerdem scheint er der Meinung zu sein, dass Familien, denen das Wasser bis zum Hals steht, eh kein Schwimmbad mehr brauchen.Der Rückzug des Kreises bedeutet für die in den Zweckverbänden verbleibenden Kommunen erhebliche zusätzliche Belastungen, die sie ihrerseits auch wegen der Finanzaufsichtsauflagen aus den eigenen Haushalten nicht alleine finanzieren können. Die Kommunen werden so unter Privatisierungs-/Verkaufsdruck gesetzt. Und die entsprechenden Unternehmen sitzen bereits in den Rathaus Vor- oder Hinterzimmern und locken mit Spaßbadkonzepten, Kostenentlastung – Nicht nur bei der Unterhaltung – auch die „privatisierten“ Schwimmbadbelegschaften werden aus dem Öffentlichen Dienst ausgegliedert, verkleinert und schlechter bezahlt. Die Kommunen können dann die Eintrittspreise nicht mehr politisch selbst gestalten, Vereine werden mehr bezahlen müssen, Familien mit unterdurchschnittlichem Einkommen werden sich den Schwimmbadbesuch gar nicht mehr oder nur selten leisten können.
Der Rückzug des Kreises wird einerseits mit dem Hinweis auf die Auflagen der Finanzaufsicht des Landes zur Haushaltskonsolidierung begründet , andrerseits behauptet die Kreisregierung, man wolle nur gerechter jetzt alle für den Schulsport genutzten Schwimmbäder im Kreis einheitlich fördern. Das ist nur dann kein Widerspruch, wenn der Kreis die Schwimmbadförderung insgesamt drastisch kürzt. Und das wäre ein Verbrechen an unseren Kindern. Denn schon heute gibt es zu wenig für den Schulsport nutzbare Schwimmbäder im Kreis und die, die nutzbar sind, müssen dringend renoviert und ausgebaut werden.
Der Main-Kinzig-Kreis ist Schulträger. Er ist dafür verantwortlich, die Schulräume zur Verfügung zu stellen, sie zu unterhalten und bedarfsgerecht zu erweitern.
Der Kreis hat in seinen Schulentwicklungsplänen die Schulzentren Maintal, Gelnhausen, Schlüchtern, Bruchköbel, Nidderau, Freigericht, sowie Langenselbold, Wächtersbach und Bad Soden-Salmünster geschaffen und zu diesen Schulzentren gehören Hallen- und Freibäder in erreichbarer Nähe genauso wie Turnhallen und Sportplätze.
Wenn sich jetzt der Kreis aus der Unterhaltung der Hallenbäder zurückzieht, was ist der nächste Schritt „zur Haushaltssanierung“?
Wenn wir jetzt nichts dagegen unternehmen, wird sich der Main-Kinzig-Kreis als Schulträger als nächstes vielleicht aus der Unterhaltung der Schulsporthallen und Sportplätze zurückziehen und das auch noch den Gemeinden komplett aufhalsen ?
Und etwas nicht zu unterschätzendes geht mit der nach dem Rückzug des Kreises so gut wie sicheren Auflösung der Zweckverbände verloren:
– ein gutes Stück gemeinsame sozialer Infrastruktur, bei der sich die Kommunen nicht gegenseitig niederkonkurrieren
– Belegschaften, die für unsere Kinder, für UNSERE Schwimmbäder und damit für uns und unsere Zukunft arbeiten und nicht für die Rendite eines Konzerns
– und die Kommunen wie der Kreis verlieren mit der Auflösung der Zweckverbände über Jahrzehnte gewachsene Strukturen und Kompetenzen für den Bäderbetrieb.
Den Beteuerungen des Maintaler Magistrats wie auch denen der Stadt Nidderau, dass man die Suche nach privaten Betreibern der „defizitären“ Hallenbäder aufgegeben habe, ist nicht zu trauen: der Kostendruck wächst, die Finanzaufsicht drängt, Kredite und Neuverschuldung – Haushaltsgenehmigung gibts nur, wenn Privatisierungsoptionen ausgeschöpft sind. Und das wissen die Geier!
Die privaten Betreiber zahlen wenig, versprechen aber Kostenentlastung, nicht zuletzt weil sie leichter Stellen abbauen können, denn die Belegschaften sind dann nicht mehr Teil der Gemeindeverwaltungen, haben kein Anrecht auf einen eigenen Personal- oder Betriebsrat oder nur auf einen wesentlich kleineren. Die „privatisierte“ Belegschaft – soweit sie vom neuen Betreiber übernommen wird, ist nicht mehr im Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Mit solcher „Entlastung“ der Kommunen mimen die Pleitegeier den rettenden Engel:
Der französische Konzern VEOLIA ist über die Müllentsorgung bereits im Kreis und in den Kommunen dick im Geschäft – da müssen Gründau, Linsengericht und Gelnhausen nicht lange nach privaten Hallenbad-Betreibern suchen: Veolia – wir sind schon da! Eine Niederlassung der Umweltsparte des Konzerns befindet sich in Gründau-Lieblos. der VEOLIA-Konzern betreibt aber nicht nur in Gründau-Lieblos eine Kompostanlage und einen Zweigbetrieb der Müllabfuhr, er betreibt auch die Deponie Hohenzell und hat eine weitere Niederlassung in Langenselbold. Und so man kennt sich schon länger. Von den Müllverhandlungen: erst kommt der Müll, dann das (Bade-) Wasser, dann der öffentliche Nahverkehr. Die HessischenLandesBahnen standen ja schon einmal zur Disposition unter einer Koch-Regierung. Auch da könnte VEOLIA demnächst zum Zug kommen. In Sachsen-Anhalt betreibt VEOLIA Hallenbäder, in Sachsen in verschiedenen Städten wie in Berlin (zusammen mit RWE) die Wasserversorgung, im Harz den Harz-Express wie in Mecklenburg-Vorpommern die Bäderbahn und die DB-Konkurrenz CONNEX, in Stockholm die U-Bahn, ohne hier die größeren Brocken zu nennen rund um den Erdball. Und die Kreiswerke Gelnhausen könnten sich dann E-ON und VEOLIA brüderlich aufteilen: E-ON behält die Energie- und VEOLIA kriegt die Wasserversorgung und die Hallenbäder.
Was noch bleibt, wäre die Luft, aber die hat ja schon die FRAPORT.
Es wäre schön, wenn sich Leute fänden, die die Vorschläge der eingangs zitierten Gelnhäuser Mutter zweier Schulkinder unterstützen würden: Schülervertretungen, Elternbeiräte, Personal- & Betriebsräte, Gewerkschaften, attacies, hessische Schwimmverbandspräsidenten, Schulkonferenzen, ……..
Hartmut Barth-Engelbart
Das ist leider immer so: Gespart wird zuerst bei den Schwächsten des Landes. Das sind die Kinder und die Arbeitslosen. Als Lehrerin in MV habe ich das nicht nur einmal erfahren müssen. Ich drücke den Kämpfern für das Bad beide Daumen und hoffe, dass sie das Bad für den Schulsport erhalten können. Fast täglich kann man lesen und hören, dass unsere Kinder zu dick sind und sich zu wenig bewegen. Mit dem Rückzug des Kreises aus dem Bad sind wir wieder ein Stück weiter unsere Kinder zu Stubenhockern zu erziehen.