Wo in aller Welt liegt Mittel-Gründau? Mitten in Hessen: Zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt, durch dieses Dorf hat Büchner seinen Landboten geschmuggelt. Die Anträge des Demokratischen Vereins in MG an die Paulskirche 1848/49 und den Hessischen Landtag waren den Parlaments- und Landtagspräsidenten zu sozial, zu demokratisch, zu revolutionär. Sie wurden sämtlichst vernichtet. Nur die Antwort der Präsidien auf die Nachfrage, warum man die Mittel-Gründauer Anträge nicht zur Beratung zulasse, sind erhalten geblieben. (Aber die Suche geht weiter !!) Der Wasserkrieg in Mittel-Gründau reicht vom frühen Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert: wo heute Energie-Ver-& EntsorgungsMultis wie VEOLIA, E-ON, RWE mit Hilfe von Landes- und Kommunal-Politikern unsere Grund-Trink-Wasservorräte im und am Vogelsberg leerpumpen, haben es im Mittelalter bis in die Neuzeit hier die Fürsten von Ysenburg-Büdingen gemacht. Mit der „Umleitung“ des Hasselbaches durch kilometerlange Holzrohre hat das Fürstenhaus mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Es hat den Bauern von Rodenborn, Buchen und Mittel-Gründau sprichwörtlich das Wasser abgegraben. Sowohl aus dem Quellgebiet Rodenborn als auch direkt vom Hasselbach wurde das Wasser durch die fürstliche „Kanalisation“ zur Ysenburg-Büdingenschen Domäne geleitet. Es versorgte die Domänenverwaltung mit Trinkwasser, speiste die Viehtränken und den Fischteich und trieb die UnterflurFutterschrotmühle an. Dem Hasselbach wurde dadurch so viel Wasser entzogen, dass es für die Mittel-Gründauer und Buchener Kleinbauern nicht mehr ausreichte. Die rechts des Hasselbaches gelegenen Gehöfte wurden durch einen Mühlbach zwischen der Gemarkung „Hinter dem Kirchhof“ (also hinter dem ehemaligen Klosterfilialsitz der Arnsburger ((heute „im Klösner“)) und der Ortsrandbebauung mit Trink- und Mühlwasser versorgt. Die Bauern hatten den Mühlbach auf der Höhe des heutigen Schafsweihers am Ortsende Richtung Reitzeberg vom Hasselbach abgezweigt. Wer von Buchen bzw dem Oberdorf in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts schnell zum Bahnhof wollte, ging nicht durch die Bachgasse sondern übers „Mühlstück“ hinter den Scheunen bis zur Wagnershohle und von dort über den Kippel zum Mühlrain, der zu einer „feindlichen“ Mühle führte. Der Mittel-Gründauer Allmenden-Mühlbach verlief vom Schafsweiher über die Wagnershohle und die Alte Schulstrasse/Obergasse bis zum Meininger-Viertel – wo heute die Alte Schule steht. Die Anlage des Schafsweihers befand sich unterhalb des Mühlbach-AbzweigungsWehrs, um die Verunreinigung des Trink- und Mühlwassers durch die Schafswäsche zu vermeiden. Im Schafsweiher wurden die Schafe vor der Schur gebadet. Der Hasselbach verlief bis ins vorletzte Jahrhundert noch direkt an der Geländeabbruchkante unterhalb des heute stillgelegten Trinkwasserpumpenhauses rechts von der Straße zum Reitzeberg.
Die örtlichen Wasserschieber regelten die Wasserversorgung der einzelnen Gehöfte und Handwerksbetriebe. Das Wasser reichte nicht für den dauernden gleichzeitigen Betrieb von Hämmern, Sägen, Mühlen. Die Wasserversorgung gehörte wie die Weiden, der Wald, die Bäche mit Weide-, Holz-, Jagd- & Fischereirechten zum Allgemeingut – zur Allmende und wurde kommunitär geregelt. Die Wasserschieber waren der Allgemeinheit verantwortliche GemeindeDiener wie auch die sogenannte Backgretel, die die Nutzung des GemeindeBackhauses zu regeln hatte: wer musste wieviel Reissig anliefern, wer musste Backdienst leisten …
Möglich war es dabei auch, dass die Allmendenregelungen nicht immer paradiesisch funktionierten: Es gab auch Schieber, die machten Schiebung, mein lieber Schieber! Die schütteten beim Einen mehr Wasser auf die Mühle als beim Anderen … doch in der Regel ging das alles sehr gut. Bis die Fürsten den Bauern das Wasser abgruben: durch die Wasserrohre (noch heute haben die Bauherren an der oberen Orles-Siemen-Straße, wo die fürstlichen Wasserrohre die Baugrundstücke durchqueren, deshalb Wasser im Keller! und es herrschte bis in die 80er Jahre dort ein Bauverbot) und durch die Anlage mehrerer Fischteiche im Oberlauf des Hasselbaches. (lange bevor der Baggerbetrieb Erich Hahn die beiden großen Fischteiche am Reitzeberg anlegte).
Der Kampf um das Wasser spielte bei den Oberhessischen Bauernaufständen 1830 neben den indirekten Steuern, den Holz-, Fischerei-, Jagd- und Weiderechten eine zentrale Rolle. Die Mittel-Gründauer Bauern waren die Anführer dieser Aufstände.: in ihrem Auftrag formulierte der Mittel-Gründauer Lehrer Paul Nagel die Forderungen der Bauern gegen die Fürsten Ysenburg-Büdingen, von Riedesel und von Goertz, die noch heute zu den reichsten Grundbesitzern Deutschlands gehören (bzw bis vor Kurzem gehörten). Ein Auftrag, der ihn letztlich im fürstlichen Zuchthaus das Leben kostete.
Wer als Bauer fischte, sich mit der Flinte die Schwarzkittel aus den Äckern schoss, wer sich das Wasser wieder holte, der landete vor Gericht und dann im Zuchthaus, wenn er nicht von fürstlichen Jägern schon vorher (auf der Flucht) erschossen wurde. Selbst zum Futterschroten zwang der Fürst die Bauern durch den Wasserraub jetzt in seine Bannmühlen zu den verhassten teuren herrschaftlichen Müllern (deshalb gibt es so viele Spottlieder gegen die Müller: „Lauf, Müller lauf!“).
Als die zunächst vom Büdinger Fürsten geförderten Herrenhuter auf dem Herrenhaag zusätzlich zum Ziehbrunnen eine mechanische Pumpanlage bauten und den Lorbacher Bauern das Wasser abgruben, Fischteiche zur Versorgung der HerrenHuter Siedlung mit Frischfisch anlegten (was den Bauern untersagt war) und von dort das Wasser in ihre Siedlung pumpten, kam es zu häufigen Brandanschlägen gegen dieses Pumpenhaus. Eine Tradition, die sich bis ins 20 Jahrhundert gehalten hat: denn die Vogelsberg-Rebellen haben zum Beispiel im Brachttal in den 70ern bis in die 80er des 20. Jahrhunderts mehrere Pumpanlagen der großen Wasserräuber gesprengt oder in Brand gesetzt.
Alle Mühlen an der Gründau waren fürstliche Bannmühlen, die ein Monopol besaßen und untereinander noch aufgeteilt waren in unterschiedliche Privilegien: Schwarzmüller, Weißmüller, Sägemüller, Hammer ….
Das Mahlen und Sägen und Hämmern für den Eigenbedarf war zwar gestattet, aber bei Wassermangel eben unmöglich. Bretter für den Scheunenbau, Balken alles musste über die BannMühlen besorgt werden und der Fürst kassierte. Und da die Fürsten immer mehr Wald aus den Allmenden, den Gemeindewäldern als ihren Besitz erklärten oder sich zum Fürstengeburtstag als Besänftigungsgabe schenken ließen (bis ins 19./20. Jahrhundert!!), mussten die Bauern neben den Bausteuern auch noch die Bäume bezahlen, aus denen die fürstlichen BannSägeMühlen für viel Geld dann Bretter und Balken sägten, wenn es die Bauern nicht gezwungenermaßen in Eigenleistung mit den Handsägen machten …