Mittel-Gründau: woher haben die Meddel-Grenner ihren Spitz-& Kosenamen: „Russe“ ?

Dazu gibt es verschiedene Berichte von den Dörfältesten- von denen der AltSPDler Volz leider bei der Explosion eines  Nachbarhauses in der Bachgasse (neben der Bäckerei Naumann) umgekommen ist: er erlitt beim Versuch, seinen Traktor aus der Scheune vor den Flammen zu retten, einen tödlichen Herzinfrakt. Volz war Mitglied im Ortsbeirat, war sehr belesen, kannte sich in der politischen Ökonomie und im historischen Marerialismus gut aus, hatte „Das Kapital“- alle drei Bände gelesen und verstanden und war ein scharfer Gegner der „Verschröderung“ der SPD. Im Gegensatz zu Hanau, wo 1956 KPD-Mitglieder massenweise verhaftet wurden und im gleichen Gebäude landeten wie bei den NAZIS, dort im Fronhof hinter der Polizeistation Marienstraße am Schlosspark wurden sie zwar nicht mehr so gefoltert wie 33 bis 45 sondern nur noch zusammengeschlagen und mit Entzug der Renten (auch der NAZI-Opferrenten!) bedroht … im Gegensatz zu Hanau wurden in Mittel-Gründau die Kommunisten nicht ausgeliefert sondern von der örtlichen SPD aufgenommen, soweit sie nicht gleich nach dem Krieg in die SPD eingetreten waren …

Volz hat erzählt, dass im ersten Weltkrieg russische Kriegsgefangene in der Landwirtschaft eingesetzt wurden und damals im Polenhaus gelebt hätten. Auch im zweiten Weltkrieg sei es neben den meist polnischen Zwangsarbeitern zum Einsatz von russischen Kriegsgefangenen beim Fürsten gekommen (im Programm „Vernichtung durch Arbeit“). Da die Mittel-Gründauer als Kommunisten und Sozialdemokraten oder mindestens Sympatisanten gegen den Krieg waren und  sich mehr oder weniger offen mit den Kriegsgefangenen verbrüderten, wären sie in den benachbarten Gemeinden und Stadten als „Die Russen“ bezeichnet worden.

Auch der Umstand, dass Mittel-Gründau eine Hochburg der KPD und der linken SPD war, sei eine Ursache für diesen „Kosenamen“ gewesen .

Ein weiterer Grund für diesen Namen war der überregionale gute Ruf der Mittel-Gründauer als „Feldbrenner“. Die Mittel-Gründauer hatten ihre eigenen Zieglbrennereien. Eine lag direkt neben der Kreisstraße zwischen Mittel-Gründau und Niedergründau, dort, wo heute die 26/40-Tonner-LKWs zur Schneider’schen Erdaushubdeponie abfahren. Von Mittel-Gründau kommend rechts neben der neuen Kreisstraße liegt die LKWbefahrene alte Kreisstraße und zwischen der und dem buschbewachsenen Geländeabbruch ist heute noch die Senke zu erkennen, in der der Ton abgebaut wurde. Die Ziegelbrennerei war sehr einfach: in Gruben im Feld wurden die Steine gebrannt. An den für Feldbrand typischen Russ- und Schlackeeinlagerungen kann man heute noch erkennen, welche Gebäude im Dorf mit diesen billigen Steinen gebaut wurden. Sie sind heute die Steine, die Heimwerker zur Verzweiflung bringen, weil sie kaum mit der Schlagbohrmaschine zu löchern sind. Die Alte Schule war nur an der Vorderseite mit teurem GelbKlinkerStein gebaut. Weil sie aus Spenden der Kleinbauern-,Handwerker- und Wanderarbeiterfamilien finanziert und in Eigenarbeit errichtet wurde, namen die Mittel-Grün dauer für die restlichen drei Seiten der Schule und ihre Innenwände die selbstgebrannten Steine aus ihrer Feldbrennerei.

Der Ruß in diesen Steinen wie auch der auf den Gesichtern der Mittel-Gründauer Feldbrenner brachte ihnen neben ihrer SPD/KPD-Mitgliedschaft den Spitz-Namen „Russe“ ein.

Die zweite Russefabrik, wie die Ziegelbrennereien in Meddel-Grinn genannt wurden, lag am ehemaligen beschrankten Bahnübergang auf der Bundesstraße von Lieblos nach Büdingen, dort wo heute die Brücke über die Heldmann-Bahn führt, links vor der Abfahrt nach Mittel-Gründau – Langenselbold.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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