am 18.Juni 2015, 18.30 im Gasthaus Stenger/Heiss in Mittel-Gründau
Die WIBAU-Dokumantation der IGMetall von 1984 trägt den Titel: „Wir hätten den Betrieb lieber besetzen sollen!“ – Viele WIBAUERinnen habe ich in den vergangenen 30 Jahren wieder getroffen und Interviews mit ihnen gemacht. Schweißer, Klimatechniker, Maschinenbauer, Fördertechniker, Programmierer, Kundendienst-Fachleute … ganz besonders ein Klimatechniker, der unter der Quandtschen Villa im Taunus die Bunker-Klimaanlagen betreut (man fährt auf dem Weg zum OPEL-Zoo direkt an diesem Anwesen vorbei, bzw. durch, denn die beiderseits der Bundesstraße liegenden Quandten-Teile sind anscheinend unterirdisch miteinander verbunden). Der atombombensichere Tiefkeller der Quandts mit mehreren Geschossen muss -auch wegen der dort lagernden Preziosen bestens klimatisiert sein … dafür holte man sich eine Firma, in der ein paar Toppkräfte der WIBAU untergekommen waren … es war schon sehr aufschlussreich zu hören, wie sich die herrschende Klasse auf ihre Zukunft vorbereitet. Ich gehe Mal davon aus, dass die Familie Quandt über ausreichend „Kriegswaffenscheine“ verfügt. Nicht dass es da bei eventuellen Hausdurchsuchungen zu Schwierigkeiten kommt. Wenn nicht, sollte man im Hause Quandt schleunigst solche Scheine besorgen. Die Beschaffung eines ausreichenden Quantums „Persilscheine“ nach 1945 war dagegen ein Kinderspiel. Ein Quändtchen Vorsicht kann heute auch nicht schaden !!!
(Vorbemerkung für Alle, die jetzt meinen, Atombombenkeller seien nur sichere Familiengruften oder Grillstationen, und dass am Day-After nix mehr zu beherrschen wäre, sei erwähnt, dass mit solchen Kellern gigantische Geschäfte zu machen waren und sind, sie werden und wurden auch schon von findigen Immobilienhändlern zur Wertabschöpfung beim zahlungskräftigsten Publikum angeboten (sieher HaBEs Artikel zum zivilitärischen Projekt EÖV der USAREUR). Da wahrscheinlich (wie schon bei den Abschussrampen) wieder mit dabei: ZÜBLIN, Weiß & Freitag, FABER & SCHNEPP und Co- Mal Hoch, Mal Tief – ja Bunker baut man nicht aus Holz, Mann!!
Für den (zweihundert)60. Erzählabend des Historisch-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848 am 18. Juni benötigen wir vorerst rund 30 Exemplare dieser Dokumentation, die mit besserer Repro der Bilder und besserer Bindung/Papierqualität auch angesichts des sehr symbolhaltigen Datums 1984 (wie der Orwell’sche-„Sience-fiction“-Roman, der von der Realität weit überholt wurde) von der IG-Metall als Buch neu herausgegeben werden sollte. Die hier schon bearbeiteten Vorboten der „Bankenkrise“ und der Bankenrettungsschirme zu Lasten der Lohnabhängigen- Mehrwertschafferinnen hat im Nachhinein eine bestätigte „prophetische“ Qualität. Nicht zuletzt die Ausführungen der hier dokumentierten Redebeiträge des legendären viel zu früh verstorbenen IG-Metall-Bevollmächtigten und HONEYWELL-Konzern-Betriebsratsvorsitzenden DKPlers Rolf Knecht und des ebenfalls zu früh verstorbenen DGB-Urgesteins und linken Sozialdemokraten (der diese Bezeichnung noch verdient) Sepp Sigulla. Die Dokumentation der Kämpfe der Belegschaft bis hin zur WachenSchichteinteilung des „letzten Mohikaners“, dem Kollegen und ebenfalls DKPlers Kalbitz.
Zu ergänzen wäre diese Dokumentation um den weiteren Verlauf, auch um die Entwicklung der überbetrieblichen Ausbildungsstätte, die ich zusammen mit dem damaligen Kreispersonaltratsvorsitzenden, der jetzt oder danach beim Kreis eine Stelle als Rationalisierer übernommen hat, so wie der damalige MKK-ÖTV-ler und Haustarifkonstukteur bei AQA und schließlich Rationalisierer bei der Hanauer Straßenbahn, Michael Schweizer. Aber das sind eher Nebensachen von der Gegenseite… Entscheidend ist die direkte Geschichte der WIBAU.
( die damals u.a. von mir im „außerbetrieblichen“ Arbeitskreis propagierten Konversionsvorschläge in Richtung Klimatechnik befinden sich bei mir im Archiv wie auch das in Rothenbergen uraufgeführte Lied der WIBAUERinnen, dessen Text ich im Gegensatz zum Lied für die PorzellanwerkerINNEN aus Lichte ich noch retten konnte. da ich es nicht nur auf der abgestürzten Festplatte gespeichert sondern auch als Print-Version in den Aktenordnern aufbewahrt habe…
http://www.barth-engelbart.de/?p=396
Das Lied der WIBAUerinnen
Das Lied der WIBAUerinnen
Zweit-Veröffentlicht am 28. August 2009 von Hartmut Barth-Engelbart
Das Lied der WIBAUERinnen
Main-Kinzig-Kreis – Gründau
Geschrieben von: Hartmut Barth-Engelbart Dezember 1983
Im Refrain heißt die letzte Zeile: “nach vorne heißt manchmal zurück!”, weil die WIBAU früher schon im Bereich Be- und Entlüftung, Filtertechnik produziert hat. Und daran sollte die Konversion anknüpfen….
WIBAUen wir unser leben?
Refrain:
Wie bauen wir unser Leben?
Wie bauen wir unser Glück?
Wie bauen wir unsere Zukunft?
Nach vorne heißt manchmal zurück!
Fürst, Galen, Esch, Spika, die haben
Uns, was wir geschaffen versaut
Das Werk und so unsere Arbeit
den Lohn und die Rente geklaut
Und was und wie wir da schafften
Das haben nicht wir bestimmt
Das taten die, die nur rafften
Die Bilanzen ham wir nicht getrimmt
Refrain
Wir bauten für die die Halden
Maschinen für Teer und Beton
Jetzt tun die die Hände falten
Und nehmen uns Arbeit und Lohn
Die flöteten flott beim Kassieren
„Von Krise nicht eine Spur“
Wir durften beim Schwitzen frieren
Die WIBAU hat Hochkonjunktur
Refrain
Fürst, Spika, der Esch und von Galen
Die stehen in unserer Schuld
Doch sie werden uns nichts bezahlen
Die hoffen auf unsre Geduld
Wenn sich jetzt die Politiker streiten
Wer uns denn nun mehr unterstützt
Solln wir ihren Wahlkampf einleiten
Und nichts, was uns wirklich nützt
Refrain
Ihr Gerede von Aufschwung und Wende
Dem ham wir zu lange vertraut
Doch unsre Geduld geht zu Ende
Wir haben das Spiel jetzt durchschaut
Die Banken sind Herr der Lage
Von zwölfhundert Familien und mehr
Für uns reicht das Geld nur noch Tage
Und die schwimmen drin wie im Meer
Refrain
Wir selbst haben’s ihnen geschaffen
Ihre Macht und ihr großes Geld
Und jetzt, wo wir’s selber brauchen
Da sagen die Banken: „Es fehlt!“
Es fehlt für neue Kredite
Es fehlt für den letzten Lohn
Die Herren kassierten Profite
Uns bleibt nicht Mal Schrott, nur ihr Hohn
Refrain
Sozial-Partnerschaft ham sie gepredigt
Und hinter uns abgeräumt
Jetzt ist der Schäfer erledigt
Die Schafe ham ausgeträumt
Jetzt kippen sie Öl auf die Wogen
Und reichen zum Beileid die Hand
Und haben schon hinter dem Rücken
Den Pfeil in den Bogen gespannt
Refrain
Wir stehen zum Abschuss Schlange
Und werden nur örtlich betäubt
Ihre Geldspritzen reichen so lange
Bis keiner von uns sich mehr sträubt
Die Blüm’schen Beteiligungsmärchen
Die hat uns der Spika gelehrt
Jetzt ham wir Belegschaftsaktien
Die sind auf dem Klo noch was wert
Wie bauen wir unser leben
Wie bauen wir unser Glück
Wie bauen wir unsere Zukunft
Nach vorne heißt’s und nicht zurück?
Was heißt hier nach vorne, nach hinten,
wenn IHR Fortschritt uns ruiniert
müssen wir etwas neues finden
das uns aus der Sackgasse führt
das uns aus der Deadendstreet führt
So bauen wir unser Leben
So bauen wir unser Glück
So bauen wir unsere Zukunft
Und manchmal heißt vorwärts zurück
Nach vorne heißt manchmal zurück
(geschrieben Mitte/Ende Dezember 1983, vorgetragen und zusammen mit KollegINNen verbessert bei vielen Veranstaltungen im Saalbau Fass, bei den Streikposten, die den Abtransport des Maschinen verhindern wollten, im Streiklokal “Alte Wache”, im Gasthaus “Zum Bogen”. Heute muss man nur WIBAU im Lied durch KARSTADT, OPEL, Holzmann, Quelle, Schlecker, Neckermann,Tabbert usw. ersetzen, alles Andere stimmt immer noch.
Noch eine Anmerkung: so weit ich mich erinnern kann hieß der entscheidende Mann im Betriebsrat für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der WIBAU-Führungsriege (und dem Konkursverwalter-Pfeil) Schäfer, der wurde von Dirk Pfeil unter Druck gesetzt, wenn er sich nicht an der Konkursverwaltung beteiligen würde, dann erginge Meldung an das Arbeitsamt wegen Arbeitsverweigerung an einem angebotenen Arbeitsplatz und damit erfolge auch die Sperre des Arbeitslosengeldes (, was ich erst nach dem Texten des Liedes erfahren habe) – nach dem Kollaps war der Betriebsratsvorsitzende erledigt und seine treugläubigen Schafe hatten mit einem Schlag ausgeträumt. Zurück bleibt der fade Nachgeschmack, dass die WIBAU-Herren den Schäfer dazu benutzt haben, um ihre Schäfchen ins Trockne zu bringen. Der Schäfer hats nur viel zu spät gemerkt.