Der Michelstädter „Damenschneider“ kommt mit Liedern nach Goddelau

Mehr Erzählung, weniger Lesung. HaBEs „Damenschneider“-Michelstadt- & Odenwald-Roman kommt mit Liedern ins
Riedstadt-Goddelauer Büchnerhaus am 4. September 2016.   18 Uhr
Columbus entdeckt Krähwinkel, Paola Loew, Charlie Chaplin jun.
Also, wegen der nicht endlosen Sitzplätze, entweder jetzt schon  versuchen Karten zu besorgen oder, was noch besser ist, weitere „Damenschneider“-Werkstatt-Lesungen organisieren. Der Autor ist bekannter Maßen käuflich ab 300 € pro Abend aufwärts. Bei Schul-Lesungen macht er es auch für weniger, für wieviel weniger ist dann Verhandlungssache … da muss es aber nicht nur der Damenschneider sein. Auswahlmöglichkeiten gibt es bei HaBEs Kindergeschichten und Jugendromanen ….
Im Rahmen des Kultursommers Südhessen kommt der Michelstädter Zwangs-Damenschneider Maximilian Mayer endlich dorthin, wo er nach seiner Bilderstürmerei gegen die Steigbügelhalter der Nazis und seiner beinahe Verbrennung und dann doch glücklicher Rettung in einer Ludwigshafener Spezialklinik eingewiesen werden wollte: von der Titelseite der „Abendpost/Nachtausgabe“ als „Bilderstürmer von Michelstadt“ nach Goddelau und um Himmelwillen nicht nach Heppenheim. Der Brand -man munkelt „versuchte Warmsanierung“ und der anschließende Abriss seines Vaterhauses macht  den Blick frei vom RathausDOERR bis zum Diebsturm. Das ist der Merkur-geschmückte Hexenkerker, der bis ins 18.Jahrhundert auch als Billig-Bordell genutzt wurde. Manche der Hexen glaubten sich so freikaufen zu können. Verkauft wurden sie vom unzünftigen Flickschuster, der eben nicht nur als Kerkermeister den Diebsturm in der Stadtmauer zuhalten musste … die Mark Michelstadt von Hexen säubern, das war nicht sein Díng. Das machten Andere. Er musste sie nur gefangen und sauber halten für das schwarze Nebengeschäft, mit dem er seinen Spitznamen “Fickschuster” verdient hatte. Und meist ging es ja auch gut, zumindest bis auch das nicht mehr ging, denn dann war der Scharfrichter Nord dran. Nur einmal sind ihm die Hexen entwischt. Beim Brand der Südstadt, den rebellierende Gesellen nach der Hinrichtung eines ihrer Kumpane gelegt haben sollen, nachdem sie “Das war Mord, das war Nord, das war Mord!”- vom Richtpatz, vom Lindenplatz grölend durch die Stadt in die Häfnergasse gezogen waren. Da war der Diebsturm explodiert, zumindest hatte er ein Loch und die Hexen waren verschwunden. Dem Gesindel, den vaterlandslosen Gesellen, den undankbaren Wanderburschen war alles zuzutrauen. Und er, der vom Schiksal geschlagene Fickschuster musste drinnen in den Trümmern suchen und fluchend den Turm reparieren…  Als Meckie, wie er sich lieber nannte als Maximilian (denn ein Schell war er nun wirklich nicht!),  als er in den 50ern versuchte, Charlie Chaplin jr. bei den “Krähwinkel”-Dreharbeiten auf dem Marktplatz etwas über die Zwangsarbeiter bei den Spritzgusswerken des Ex-Wehrwirtschaftsführers, NS-Musterbetriebs-Patriarchen & Messerschmidt-Wunderwaffen-Armaturenherstellers Rowol und die Unterstützung der Erbacher Grafen für die NSDAP zu erzählen, wird er nicht durchgelassen.

Datei:DBP 1984 1200 Rathaus Michelstadt.jpg

Aber Dr. Mömlinger gelingt es. Der zwangspensionierte Historiker, der nach dem Lehrverbot an der Frankfurter Universität 1938 in die USA fliehen musste und als US-Army-Offizier zurückkam und im Odenwald die Entnazifizierung bis 1946/47 leitete, wurde zwar nach seiner Entlassung aus den Army-Diensten noch kurze Zeit als Geschichts-, Religions- und Philosophie-Lehrer am städtischen Gymnasium beschäftigt, bis er endlich nur noch Religion und dann auch das nicht mehr unterrichten durfte. Die Frühpension reichte ihm und die Wohnung im Schloss Erbach-Fürstenau  und das Recht, in der Orangerie im Schlosspark einer Gruppe von Kindern aus mittellosen Familien Nachhilfe-Unterricht zu geben.  Hier setzte er seine Entnazifizierungsarbeit verdeckt fort … und Meckie Mayer war sein bester Schüler. Das kam nicht von ungefähr. Meckie wurde zeitlebens gehänselt wegen seiner schwarzen Haare, seiner bleichen Haut, seiner etwas gebogenen großen Nase. Nun ja, es gab die Meyers und die Maiers und die Mayers und gab’s da nicht auch die Meirs oder die Mairs und eine Golda Meir ? Und nicht zu vergessen, die  Gertrude Meier, die 1903 geborene Gertrude Speyer , die in den Osten umgesiedelt wurde, wie so viele Juden in den neuen Lebensraum.  Na ja, nicht nur Juden, auch die armen Mondschein-Bauern aus Etzengesäß, Weitengesäß, Hüttengesäß, Bösgesäß, Hummetroth und anderen Weilern wurden umgesiedelt. Und ihre schmalen Handtücher wurden dann von den Ortsbauerführern, den Reichsnährstands-Goldfasanen und gräflichen Domänen-Pächtern untern Pflug genommen….

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Er musste wie schon Gregor Mendel  immer nachweisen, dass er kein Jude war, das war für ihn so ehern wie die Mendelschen Gesetze. Von Mendel zu Mandel war es egben genauso weit wie von Mayer zu Mair, wie von Matz zu Matzen oder von Malz zu Melzer … wobei der der „Glockenspiel für die Front-Einschmelzer“, Heinrich-Harrer-Fan und Lorenz-Schüler, der Stadtkirchen-Organist und Biologie-Oberstudienrat Dr. Alsberg immer im Streit mit Dr.Mömlinger „wissenschftlich“ bewies, dass Nicolaus Matz kein Jude sondern ein Arier war.  Doch Meckie -nicht der Igel von HörZu- nein, der aus der DreiGroschenOper, der eifrigste Schüler des heimlichen Erben des Wunderrabbis Löb Wormser wusste von seinem Lehrer, dass Nicolaus Matz aus einer schon im Spätmittelalter konvertierten Matzenbäckersfamilie stammte, gerade so wie der auch von den Nazis „arisierte“ Kaufmann Braun, nachdem die Straße vom Markt bis zum Lindenplatz nach dem Anbriss des Osttores in Braunstraße umbenannt wurde, jener kaufmann, der das alte Stadtkrankenhaus gestiftet hat.

Sonntag, 04. September 2016 Benefiz-Veranstaltung

Vortrag

Hartmut Barth-Engelbart nähert sich in seinen Erzählungen über wechselnde Haupt- und Nebenrollen der Anstalt in Goddelau, den Spuren Büchners zwischen Riedstadt (Darmstadt, Offenbach, Södel, Eckartshausen-Marienborn, Büdingen, Lauterbach, Nidda) und Giessen, zieht  mit Land und Leuten im narrativen Element durch die Dörfer, kreuzt die Wege Valentin Sengers und seiner „Buchsweilers“, lässt die Hauptfigur im Odenwald-Roman „Der Damenschneider“ um Asyl in Goddelau bitten in der trügerischen Hoffnung, dort auch noch in den 60er/70er Jahren des letzten Jahrhunderts Georg Büchners Geist zu begegnen.

Referent: Hartmut Barth-Engelbart, Gründau
18.00 Uhr, Kunstgalerie am Büchnerhaus
Eintritt: € 7.00 zugunsten des Büchnerhauses

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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